PRESS-SCHLAG: Das lose Maul von Köln
■ Viel Wirbel um den kalkulierten Platzverweis des Frank Ordenewitz
Wo ein Gesetz ist, da muß auch eine Lücke sein, dachte sich Frank Ordenewitz, Stürmer des 1. FC Köln, grübelte und grübelte und wurde schließlich fündig. Ein kurzer Gedankenaustausch mit seinem Trainer Erich Rutemöller, der gab sein Plazet, und schon wurde gehandelt: In gespieltem Zorn schoß Ordenewitz in der 84. Minute des mit 3:0 gegen den MSV Duisburg gewonnenen Pokalhalbfinales den Ball weit von hinnen und zwang Schiedsrichter Merk damit, ihn des Feldes zu verweisen, da er vorher schon verwarnt worden war. Wegen dieser roten Karte, so kalkulierten die Kölner, würde der Spieler zwar für die nächsten Bundesligawochen gesperrt, könnte aber am 22. Juni beim Endspiel in Berlin wieder dabeisein. Wäre es bei der gelben Karte geblieben, wäre Ordenewitz hingegen für das Finale gesperrt gewesen, weil es seine zweite im laufenden Pokalwettbewerb war.
Sehr hübsch ausgedacht, das Ganze, aber höchstwahrscheinlich wird nichts draus. Während nämlich die Kölner Spieler Verschwiegenheit gelobten, der Übeltäter selbst hartnäckig und abgefeimt leugnete und die Sache sogar höchst glaubwürdig gestaltete, indem er darauf verwies, wie viele Prämien ihm durch die Sperre in der Bundesliga entgehen würden, stellte sich Trainer Rutemöller arglos vor die laufenden Kameras und plauderte alles aus. Das Pokalfinale sei so eine tolle Sache, der Ordenewitz wollte sooo gern dabeisein, also habe er ihm gesagt: „Dann mach's.“
Eine Naivität, die Folgen haben wird, denn sofort setzte sich der Oberspürhund des DFB, Hans Kindermann auf die Fährte. „Die Sache hat einen riesigen Wirbel ausgelöst“, sagte DFB-Pressesprecher Niersbach, Ermittlungen gegen Ordenewitz und Rutemöller wegen des „Verdachts einer unsportlichen Handlung“ seien aufgenommen worden.
Dabei wird mit Sicherheit auch ein anderer Vorfall aus der 25. Spielminute zur Sprache kommen. Wir wissen nicht, was man Frank Ordenewitz, der immerhin mal den Fair Play-Preis der FIFA bekommen hat, weil er ein von ihm mit der Hand erzieltes Tor selbst annullierte, ins Frühstück getan hat; Tatsache ist, daß er vom Anpfiff weg über den Platz raste wie ein angeschossener Keiler. Ohnehin schienen die Kölner fest entschlossen, ihre erstaunliche spielerische Unterlegenheit durch größere Gemeinheit wettzumachen. Sie traten nach allem, was sich bewegte und aus Duisburg stammte, und schafften es schließlich, den Zweitligisten auf diese Art aus dem Konzept zu bringen.
Unrühmlicher Protagonist dieser Taktik war Frank Ordenewitz. In der 8. Minute säbelte er Mariotti um und sah gelb, in der bewußten 25. Minute trat er dann heftig gegen Woelk nach, was Schieds- und Linienrichter „als einzige im Stadion“ (Duisburgs Trainer Willibert Kremer) nicht mitbekamen. Wohl aber die Fernsehkameras, die dem DFB-Sportgericht exzellentes Beweismaterial lieferten.
Ein grobes Foul an Ewald Lienen rund zehn Minuten vor Schluß könnte bereits Ordenewitz' erster Versuch gewesen sein, die rote Karte zu provozieren. Seine Schuldigkeit hatte der Stürmer mit seinem vorentscheidenden Tor zum 2:0 in der 48. Minute längst erfüllt. Schiedsrichter Merk durchschaute jeodch das dreiste Spiel und bestrafte Ordenewitz durch Nichtverweis: „Schließlich kennen wir die Statuten-Lücke.“ Als der Kölner Stürmer dann aber den Ball wegdrosch, konnte Merk nicht mehr anders. „Das Vergehen mußte nach den Regeln mit gelb bestraft werden“, ärgerte er sich, „da der Spieler schon einmal gelb hatte, mußte ich rot zeigen.“
Erfolg auf der ganzen Linie also für Frank Ordenewitz — wenn nur Trainer Rutemöller sein lockeres Maul gehalten hätte. „Dann sollen sie uns alle sperren und mir die Lizenz entziehen“, grantelte dieser, als ihm das ganze Ausmaß seiner Torheit bewußt geworden war. Gar so weit wird der DFB vermutlich nicht gehen, aber eines dürfte bereits jetzt klar sein: Den Fair Play- Preis der FIFA wird Frank Ordenewitz in diesem Jahr nicht erhalten. Matti
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