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Archiv-Artikel

sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Am Donnerstagabend wird in der Marianne (Mariannenstraße 6, 19 Uhr) über die „Soziale Reproduktion in der Krise“ gesprochen, also über die unbezahlte Arbeit, die vor allem von Frauen gemacht wird – Kindererziehung, Altenpflege und Sozialarbeit, die innerhalb von Familie und Kirchengemeinde nicht und sonst oft schlecht vergütet wird. Gabriele Winker, die Mitbegründerin des Feministischen Instituts Hamburg, zeigt, wie diese Arbeit in einem System der Profitmaximierung selbstverständlich als Posten eingeplant ist, und dass „bereits die Krise eng mit der zunehmenden Bedeutung von Lohnarbeit für alle und den wachsenden familiären Anforderungen vor allem für Frauen zusammenhängt“.

Nahezu zeitgleich wird in der Alten Cafeteria der HTW (Wilhelminenhofstraße 75a, 20 Uhr) der kommende Erste Mai vorbereitet, doch werden nicht etwa Pflastersteine geputzt und Rucksäcke gefüllt, nein, es geht hier um die Maifeierlichkeiten der anderen Seite, also aufseiten der Nazis. Diese wollen am 1. Mai gegen den Euro demonstrieren und den Tag der Arbeit zum Tag der nationalen Arbeit ummünzen. Zugleich wird die Broschüre „Die Braune Straße von Berlin“ vorgestellt, die sich mit der aktuellen Situation in Schöneweide auseinandersetzt, also mit rechten Treffpunkten und neonazistischen Schlägertruppen.

Am Montag wird die rührige Gruppe Jimmy Boyle in der Tristeza (Pannierstraße 5, 19 Uhr) Hof halten, diesmal ist die Ausgangsfrage: „Was meinst du eigentlich, wenn du von ,dem Staat‘ redest?“ Diese Frage bekommen die Referent_innen der Gruppe immer häufiger zu hören, daher wollen sie nun klären, inwieweit der Staat „ein Subjekt mit einem einheitlichen Zweck ist oder nicht“. Kurzum – es wird in bester linker Tradition Begriffserklärung und -bildung betrieben. Eine lebhafte Diskussion ist daher ausdrücklich erwünscht.

Am Mittwoch dann wird im Laidak ein Film gezeigt, der es in sich hat – der Film „Geh und Sieh“, den Elem Klimow 1985 drehte (Boddinstr. 42/43, 19 Uhr). Der meisterhafte Film ist so hart und führt seine Rezepient_innen derart an die psychische Grenze, dass man danach keine Argumente mehr für einen Krieg finden kann. Und obschon der Film als Propagandafilm für den sowjetischen Sieg im „Großen Vaterländischen Krieg“ gedacht war, wird dieser Sieg im Film nicht ausgekostet, im Gegenteil, es ist der Sieg der Besiegten, Helden gibt es hier nicht. Insofern ist dieser Film ein Kriegsfilm im besten Sinne – ein Antikriegsfilm durch und durch.

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