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PDS-grüne Front in den Innenstadtbezirken

■ Die PDS rechnet in Ostberlin mit sechs Bürgermeistern, die Grünen halten im Westen drei für möglich

In Ostberlin und den Westberliner Innenstadtbezirken wird sich die politische Landschaft womöglich entscheidend verändern. Nachdem der bündnisgrüne Vorstandssprecher Christian Ströbele gestern erklärt hatte, er könne sich vorstellen, daß in manchen Bezirken ein PDS-Bürgermeister von seiner Partei unterstützt werde, zeigte sich die PDS entsprechend optimistisch. Sie rechnet nunmehr mit sechs PDS-Bürgermeistern in Mitte, Hohenschönhausen, Marzahn, Hellersdorf, Lichtenberg und Prenzlauer Berg.

Zwar halten sich die bündnisgrünen Bezirksverordneten mit konkreten Aussagen noch zurück – eine Große Koalition mit der SPD und CDU gegen die PDS ist allerdings, anders als noch vor drei Jahren, nicht mehr in Sicht. Für die parteilose PDS-Kandidatin Bärbel Grygier in der PDS-Hochburg Hohenschönhausen ist damit die Wahl zur Bürgermeisterin ebenso in greifbare Nähe gerückt wie für Harald Buttler in Marzahn.

In Hellersdorf rechnet der PDS- Kandidat Uwe Klett nicht einmal mit einem Gegenkandidaten. Ein anderer als ein PDS-Bürgermeister, meinte Klett, wäre bei einer Mehrheit von drei PDS-Stadträten „nur Staffage“.

In Lichtenberg attestierte der bisherige Bürgermeister Gottfried Mucha (Bündnis 90) dem PDS- Kandidaten Wolfram Friedersdorff, er sei der „richtige Kandidat in der falschen Partei“.

In Mitte kündigte das Bündnis Mitte an, den SPD-Kandidaten Gerhard Keil – verantwortlich für die Entmachtung der Baustadträtin Dorothee Dubrau – auf keinen Fall wählen zu wollen. Zwar sei auch die PDS-Spitzenkandidatin Silvia Jastrzembski für die Bündnis-Abgeordneten ein rotes Tuch. Prinzipiell stehe man der Wahl eines PDS-Kandidaten allerdings nicht ablehnend gegenüber.

Auch in Prenzlauer Berg, wo nach Auskunft des Landeswahlleiters in einem Stimmbezirk falsch ausgezählt wurde (siehe Meldung auf dieser Seite), haben die Bündnisgrünen und die PDS zusammen nun mehr Sitze als CDU und SPD.

Selbst in der SPD gibt es inzwischen Überlegungen, möglichen PDS-Bürgermeistern durch Zustimmung oder Enthaltung ins Amt zu verhelfen. So erklärte gestern Noch-Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), überall dort, wo die PDS stärkste Partei geworden sei, solle sie im Amt des Bezirksbürgermeisters in die Verantwortung geholt werden.

In den Westberliner Innenstadtbezirken haben die Grünen überall dort ihren Anspruch angemeldet, wo sie die SPD an Wählergunst überflügelt haben. In Schöneberg hat der bisherige SPD-Bürgermeister Uwe Saager bereits angekündigt, die bisherige bündnisgrüne Baustadträtin Sabine Ritter als Bürgermeisterin wählen zu wollen. Auch in Tiergarten hoffen die Grünen auf die Stimmen der SPD. In Kreuzberg schließlich, wo die Grünen mit 31,3 Prozent stärkste Partei sind, ist der Bürgermeisterposten bereits fest eingeplant.

Eine derartige Häufung von bündnisgrünen und PDS-Bürgermeistern wäre auch stadtpolitisch von Bedeutung. Im Rat der Bürgermeister würde es etwa die Senatsbauverwaltung künftig schwer haben, eine Zweitdrittelmehrheit dafür zu bekommen, wenn es gilt, den Bezirken die Zuständigkeit für besonders wichtige Bauvorhaben zu entreißen. Uwe Rada/Christoph Seils

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