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PDS fällt beim linksradikalen TÜV glatt durch

Thomas Ebermann beklagt „Sozialdemokratisierung“/ PDS-Präsidiumsmitglied Adler verteidigt Demokratie  ■ Von Walter Jakobs

Bochum (taz) — Ebermann gegen Gysi, dieser diskursive Hit stand auf dem Programm der „Roten Studis“ an der Ruhruniversität Bochum und alle, alle kamen. Ehemalige „Maoisten“ saßen da friedlich neben den einst als „Sozialfaschisten“ bekämpften Genossen von der DKP. Betriebskämpfer, die sich vor 20 Jahren im Geiste von Trotzki oder Stalin auf den steinigen Weg gemacht hatten, der westdeutschen Arbeiterklasse die Segnungen der „Dikatatur des Proletariats“ zu lehren, wollten auf das Schauspiel ebensowenig verzichten, wie zu den Grünen konvertierte Ex-Anarchisten, Immer-noch-Autonome oder Kollektivunternehmer. Eine Versammlung von Altlinken des Reviers, deren politische Irrungen in den vergangenen 20 Jahren sie nur deshalb nicht zu Tätern werden ließ, weil sie nicht an die Macht gelangten. Angesichts dieser politischen Biographien bestand die Hoffnung, daß jedes Individum für sich mindestens eins verloren haben könnte: den Glauben an absolute politische Wahrheiten, den Glauben an jedwedes Avantgardekonzept. Vor diesem Publikum hätte man einen Bonus für die Zweifler vermutet, doch das Gegenteil trat ein — und das lag nicht an dem Frust über die Absage von Parteichef Gregor Gysi, der durch Helga Adler, Präsidiumsmitglied der PDS, vertreten wurde.

Als Helga Adler für den 100-Millionen-Deal von Ex-Schatzmeister Pohl das „falsche Parteienverständnis“, die mangelnde Bereitschaft bei Teilen der alten SED-Mitglieder, sich zu einer offenen demokratischen Partei hinzuentwickeln, verantwortlich machte, und eine auf „moralische Integrität“ fußende Parteiarbeit forderte, bezog sie das erste Mal Prügel. Eine linke, radikale Partei beweise, so Thomas Ebermann, „ihre moralische Integrität in dem Bemühen, dem Staat, den sie nicht schätzt sondern bekämpft, Finanzmittel vorzuenthalten“. Nie war der Applaus stärker, als an dieser Stelle. Die PDS definiere „moralische Integrität“ geradezu als Loyalität gegenüber dem Staat, sagt Ebermann, wobei der Ex-Grüne es besonders ärgerlich findet, daß die PDS sich in ihrer Programm-Präambel als „friedfertig“ und auf dem Boden des Grundgesetz operierende Partei versteht, die auch bereit ist, „sich demokratisch einzuordnen“. Zwar biete der Kapitalismus die Möglichkeit, frei auf einer Kiste im Park zu reden, aber deshalb müsse man sich nicht gleich dem Staat unterwerfen, rief Ebermann unter dem Beifall des Publikums in den Saal. Mit dieser Verächtlichmachung garantierter demokratischer Grundrechte stieß er bei den Ostlern auf kühle Kritik. Gerade die „Abstinenz von Demokratie“ sei das zentrale Problem in der DDR gewesen, „und diese Erfahrungen in der DDR“, so Adler, müßten auch die Linken im Westen ernsthaft diskutieren. An die West-Linke richtete Adler die Frage, welche Alternative sie zur parlamentarischen Demokratie denn nennen könne. Adler wörtlich: „Wir hatten überhaupt keine Demokratie.“ Statt einer Antwort, ein Zwischenruf: „Aber zwei Millionen Arbeitslose habt ihr jetzt.“ Dies als linkes Argument gegen die Demokratie? Ebermann selbst ging auf diese Frage nicht ein, statt dessen hielt er der PDS vor, sich „zugunsten klassischer sozialdemokratisch-vaterländischer Positionen“ zu erneuern. Radikalen Linken bleibe nur der Wahlboykott, denn „die Bundestagswahl ist der Höhepunkt der Legitimierung Großdeutschlands“.

Thomas Klein, in der DDR bei der „Vereinigten Linken“ organisiert, hielt den zahlreichen Antiparlamentariern unter den 1.200 BesucherInnen vor, „das Parlament wichtiger zu nehmen als die Parlamentarier“. Es gehe darum alle Politikfelder zu besetzen, parlamentarische wie außerparlamentarische. Helga Adler an die Beschwörer des außerparlamentarischen Kampfes: „Es ist kein Zufall, daß sich alle DDR-Bürgerbewegungen den Wahlen stellen.“

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