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PDS: Eine Milliarde Mark auf dem Konto

■ Immer noch behauptet die PDS, keine Kenntnis über ihre Auslandsvermögen zu haben / Volkskammer überstellte Parteivermögen einem Regierungsausschuß / Parteivorsitzender Gysi will Spenden sammeln

Wien (dpa/taz) - Die SED-Nachfolgerin PDS hat nach Angaben von Parteichef Gregor Gysi knapp eine Milliarde DDR-Mark auf ihren Konten. Zu diesem Betrag kämen noch etwa 20 bis 30 Millionen Valuta-Mark hinzu, sagte Gysi, der sich zu einem zweitägigen Besuch in Wien aufhält, am Donnerstag vor Journalisten. Über weitere Auslandsvermögen machte er keine Angaben. Der PDS-Chef versicherte, daß es inzwischen keine Valutaeinnahmen mehr gebe. „Diese Kabel sind alle abgeschnitten.“

Nach Angaben von Gysi weiß die PDS nicht, wo sich die vermuteten hohen Vermögenswerte befinden, die von der einstigen SED im Ausland angelegt wurden. Man habe hier bislang ohne Ergebnis ermittelt. Laut Gysi sind im September 1989 auf Anweisung des ehemaligen Staats- und Parteichefs Erich Honecker Aktien einer Luxemburger Holdinggesellschaft im Nennwert von 800.000 bis 900.000 D-Mark verkauft worden. Wo sich der Erlös befinde, sei nicht bekannt. Nach unbestätigten Berichten soll die SED im westlichen Ausland mindestens eine Milliarde D-Mark angesammelt haben. Diese Information wurde von bundesdeutschen Medien unter Berufung auf Informationen des ehemaligen Devisenbeschaffers der SED, Alexander Schalck-Golodkowski verbreitet. Der wiederum soll nach Gysis Angaben erklärt haben, nie mit SED-Vermögen zu tun gehabt zu haben. Gysi hatte in der Vergangenheit mehrfach erklärt, seine Partei sei bereit, ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen. Zugleich hatte er sich aber scharf gegen den Beschluß der Volkskammer gewandt, der das Vermögen der ehemaligen Blockparteien, zu denen auch die Regierungspartei CDU zählt, zeitweise unter die Verfügungsgewalt eines Regierungsausschusses stellt. Nach Gysis Ansicht läuft dies auf eine Liquidierung der PDS hinaus. Seine Partei werde sich im Widerstand gegen die „Enteignung“ auch an die internationale Öffentlichkeit wenden und zu Spenden aufrufen. Das Karl-Liebknecht-Haus, das der KPD vor 1933 gehört habe und jetzt Sitz seiner Partei sei, werde man sich „nur durch Gewalt wegnehmen lassen“. In einem taz-Interview am letzten Samstag hatte er behauptet, das Parteivermögen von 3,041 Milliarden abgegeben zu haben. Gysi: „Das war die gesamte Parteireserve.“ Gegen den Beschluß der Volkskammer hatte am letzten Samstag 65.000 DDR-Bürger in Ostberliner Lustgarten demonstriert. Doch auch bei anderen Gruppierungen war die Entscheidung auf Kritik gestoßen. In der Abstimmung der Volkskammer hat sich die Fraktion Bündnis 90 enthalten. Die Begründung: Die Kontrolle über die Vermögen der Blockparteien müsse einem Ausschuß des Parlaments, nicht der Regierung übertragen werden.

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