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PC wählt schneller

■ Informatiker stellt TED-Abfrage-System in Frage

Im Streit um eine mögliche Manipulation beim deutschen Vorwettbewerb zum Eurovisions-Festival in Zagreb hat der Hamburger Informatik-Professor und Computerexperte Klaus Brunnstein die Wirksamkeit des TED-Abfrage-Systems „hochgradig in Frage“ gestellt. Im Saarländischen Rundfunk erläuterte der Wissenschaftler, daß bereits die Hilfe weniger Personal-Computer ausreiche, um ein paar tausend zusätzliche Wählimpulse zu plazieren. „Wenn ich solch eine Manipulation planen würde, würde ich mir überlegen, daß ich natürlich nicht 12.000 Anrufe durchbringen muß. Um die Statistik zu meinen Gunsten zu beeinflussen, komme ich in der Regel mit 1.000 oder 2.000 zusätzlichen aus einem fleißigen PC oder aus mehreren fleißigen PCs aus.“ Mit nicht mehr als zehn normalen oder einigen wenigen etwas leistungsfähigeren PCs, die parallel mehrere Leistungen wählen können, so Brunnstein, sei das „mit Sicherheit zu schaffen“.

Die TED-Computer der Bundespost selbst bezeichnete Brunnstein als sicher, da Hacker und „Leute, die sich der Hacker-Techniken bedienen, um Resultate zu ihren Gunsten zu beeinflussen“, an diese Systeme „nicht rankommen“. Allerdings sei das TED-System insgesamt deshalb „hochgradig in Frage zu stellen“, da es nicht unterscheiden könne, ob die Anwahl von einer Person oder einem Computer erfolge. Der Experte für Rechnersicherheit des Hamburger Instituts für Informatik sagte wörtlich: „Ein PC wählt auf jeden Fall dieselbe Nummer viel schneller wieder als irgendjemand anders, so daß er eine viel größere Wahrscheinlichkeit hat durchzukommen.“ Brunnstein auf die Frage, ob ein Home-PC so programmierbar sei, daß seine Anrufimpulse im Stakkato beim TED ankommen könnten: „Richtig - und zwar auf der Nummer, auf der Sie gerne die positiven Ergebnisse sehen!“

Der Schlagersänger und Komponist Drafi Deutscher hatte am Donnerstag wegen angeblicher Manipulationen beim Münchner Vorwettbewerb zum Eurovisions-Festival in Zagreb Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet, da es seiner Darstellung nach „begründete Anhaltspunkte“ dafür gibt, daß das Ergebnis durch irgendjemanden verfälscht beziehungsweise das TED-System der Post „nicht richtig geschaltet“ gewesen sei.

dpa

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