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PATZAK ÜBER BERLIN

■ Der Regisseur von "Kottan ermittelt" dreht mit Rambos kleinem Bruder, Michael Yorck und Morgan Fairchild einen "Film noir" in Berlin

PATZAK ÜBER BERLIN

Der Regisseur von „Kottan ermittelt“ dreht mit

Rambos kleinem Bruder, Michael Yorck und

Morgan Fairchild einen „Film noir“ in Berlin

Wiener lügen. Jedenfalls klingt es so; selbst wenn sie die Wahrheit sagen. Die banalsten Sätze intonieren sie, als verkündeten sie unendlich tiefe Wahrheiten; und wenn sie nur noch dummes Zeug reden, können sie immer noch mit dem Charme ihres Dialektes rechnen, der die ZuhörerInnen betört. Zum Beispiel: „Spätestens seit'm Hiemel übr Berlin wiesssen wir, dös diese Stadt etwas maaagisches hat. Gell?“ Dieser Satz stammt von Peter Patzak, der damit begründen wollte, warum er zur Zeit ausgerechnet in Berlin (West) einen Film dreht. Die Geschichte kennen wir schon tausendmal: Ältlicher Kommissar, Exilpole, zynisch (Armin Müller-Stahl), trifft junge, blonde, schlanke Frau (Morgan Fairchild), die noch an etwas glaubt, erinnert sich, wie das war, als er anfing und auch noch Ideale hatte undsoweiter, und ein, zwei Bettszenen und außerdem noch Michael Yorck als Staatsanwalt und Rambos kleiner Bruder als fiese Dealersau. Der Film soll möglicherweise „Midnight Blue“ heißen und ein Genrestreifen werden, so „zwischen Humphrey Bogart und Gene Hackman“. Womit wir wieder in Berlin wären - wieso nochmal hier? „Es gibt in Berlin vier Stunden Dämmerung. Vier Stunden.“ Dieser Satz hat es in sich. Patzak trägt ihn auf der Pressekonferenz im Kempinski vor, wie man beispielsweise Sätze der Kategorie „Das Leben ist kein Roman!“ vortragen könnte: grüblerisch, philosophierend, hintergründig, anregend.

Also, die Berliner Atmosphäre: eine spannende, tolerante, aufregende Stadt, OstWest und so, die Mauer, die Türken, die Halbwelt. „Berlin ist inzwischen noch internationaler, noch lebendiger geworden!“ findet auch Michael Yorck, der natürlich auch irgendwie einen Bezug zu dieser Stadt hat, weil er 1971 „Cabaret“ mit Liza Minelli hier drehte. Und erst Armin Müller-Stahl: Der ist in Ost-Berlin geboren! Frank Stallone weiß immerhin, daß das junge Hollywood der zwanziger Jahre der Filmstadt Berlin „viel verdankt“, und Morgan Fairchild (Dallas) würde sehr gerne alles angucken hier, aber die Arbeit ist very strong, und abends ist sie tired. Ja, und der deutsche Film, die Krise, das Thema darf bei einer internationalen Produktion mit deutscher Finanzierung nicht fehlen: „Manner, fon Doriss Dorri“, ein Erfolg auch in den USA, schmeichelt Michael Yorck. „Der deutsche Film ist natürlich nicht in Ordnung!“ mahnt Müller -Stahl, zuviele dumme Komödien, zuwenig Geschichten. Geschichten - das Stichwort. „Wir müssen wieder lernen, Geschichten zu erzählen!“ Ein Satz, so schwanger und bedeutungsvoll, daß er hätte sein können vom großen Märchenonkel Wenders. „Wenn die Menschen in 30 Jahren Filme über Deutschland sehen, dann denken die, wir hätten nur gelacht!“ ergänzt Müller-Stahl seine Komödienschelte. Aber nun wird „Midnight Blue“ gedreht, eine Drei-Millionen-Mark Produktion mit 700.000 Ocken aus der Berliner Filmförderung, und dann hat man in 30 Jahren eine authentische Dämmerung von dem, was so magisch war an dieser Stadt: Knete.C.C. Malzahn

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