Oxfam-Bericht vor Weltwirtschaftsforum: Reichtum gefährdet Gesundheit

Millionen Menschen haben keinen Zugang zu Corona-Impfstoffen. Für Oxfam nur ein Beispiel für die weltweite Ungleichheit.

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Jede Menge Kohle: Geld ist offenbar hochgradig ansteckend unter Milliardären Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

BERLIN taz | Etwa 1.500 Milliarden Dollar besitzen die zehn reichsten Personen der Welt zusammen. Die Entwicklungsorganisation Oxfam prangert das an: In der Zeit der Coronapandemie hätten „die zehn Männer ihr Vermögen verdoppelt“. Gleichzeitig litten Hunderte Millionen Arme unter der Coronapandemie. Die zunehmende soziale Polarisierung verschärfe die globale Gesundheitskrise, heißt es in dem neuen Bericht „Ungleichheit tötet“.

Ihren Report zur globalen Ungerechtigkeit veröffentlicht Oxfam traditionell kurz vor dem Beginn des Weltwirtschaftsforums von Davos, das am Montag startet und zum zweiten Mal nur digital stattfindet. Den Milliardärinnen und Milliardären weltweit sei es insgesamt gelungen, während der Coronazeit „ihre Vermögen stärker zu vermehren als in den gesamten vierzehn Jahren zuvor“, heißt es in dem Oxfam-Bericht.

Die Organisation betrachtet das als Skandal, weil während der Pandemie seit Anfang 2020 „über 160 Millionen Menschen zusätzlich in Armut“ abgerutscht seien. 3,2 Milliarden Menschen – fast die Hälfte der Menschheit – lebten unterhalb der von der Weltbank definierten Armutsgrenze von 5,50 Dollar pro Tag.

Oxfam bezieht sich auf die Vermögenszahlen, die das anerkannte Wirtschaftsmagazin Forbes regelmäßig veröffentlicht. Auf den Spitzenplätzen standen demnach Elon Musk (Tesla), Jeff Bezos (Amazon), Bernard Arnault (LVMH, unter anderem Dior) und Bill Gates (Microsoft), die zusammen schon auf etwa eine Billion Dollar (1.000 Milliarden) kommen.

Superreiche auch in Deutschland

In Deutschland fallen die großen Vermögen etwas niedriger aus. Die Besitzer und Besitzerinnen beispielsweise von Aldi, Kühne und Nagel, Lidl oder BMW kommen jeweils auf zweistellige Milliardenbeträge. Aber auch ihre Vermögen wachsen stark und überproportional im Vergleich zur Wirtschaftsleistung oder den Löhnen. Die Reichen und Wohlhabenden profitieren von den steigenden Aktienkursen, den Gewinnen ihrer Unternehmensgruppen und dem Wertzuwachs von Immobilien.

In dem Bericht „Ungleichheit tötet“ geht es schwerpunktmäßig um den Zusammenhang von Armut und schlechter medizinischer Versorgung. Die Organisation beklagt: „Mittlerweile sind über drei Milliarden Menschen zweifach gegen Covid-19 geimpft, doch nur rund neun Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen haben mindestens eine Impfdosis erhalten.“

Die Impfstoffe müssten jedoch als „öffentliches Gut behandelt werden“, fordert Oxfam. Schließlich hätten einige Regierungen, darunter auch die deutsche, die Entwicklung der Vakzine mit Steuergeld gefördert. Der internationale Patentschutz verhindere jedoch, dass die Impfstoffe allen Menschen zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stünden. Deshalb solle bei der Weltgesundheitsorganisation eine Ausnahmegenehmigung für die Nutzung der Impfstoffpatente beschlossen werden.

Diese Debatte läuft seit mehr als einem Jahr. Die Bundesregierung und die EU-Kommission lehnen die Freigabe ab. Sie wollen die Investitionen der Impfstoff-Entwickler schützen. Trotzdem würden große Mengen Impfdosen in alle Welt exportiert, argumentiert die EU.

Ungleichheit tötet

Unabhängig von Corona trägt die Ungleichheit in der Welt laut Oxfam „zum Tod von mindestens 21.300 Menschen täglich bei“. Das sei eine konservative Schätzung. In ländlichen Regionen und ärmeren Stadtvierteln vieler Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas gibt es zu wenige Krankenhäuser und Ärzte.

Den Regierungen fehlt das Geld, um die Gesundheitsinfrastruktur zu errichten, und private Gesundheitsfirmen versorgen eher die wohlhabende Bevölkerung.

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