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BONNAPARTOpportunismus unverblümt

■ Wie man in Bonn mit links Karriere macht

Weißt Du, Ulrich Briefs, Grüner Bundestagsabgeordneter, da sind wir schon ein bißchen beleidigt. Mag ja sein, daß uns vieles durch- und danebengeht, daß wir Dir nicht links genug und viel zu unkritisch sind, daß Dein unermüdlicher Einsatz für eine bessere Welt in dieser Zeitung nie ausreichend gewürdigt wurde. Aber für ganz dumm darfst Du uns deswegen auch nicht halten. Wir haben nämlich schon gemerkt, daß irgendwas an dieser Deiner Story nicht stimmt:

Mit großem öffentlichem Tamtam erklärst Du diese Woche in Bonn, weshalb die Grünen im Bundestag fortan auf Deine Arbeit verzichten müssen. „Rechtstendenzen“ in Partei und Fraktion, „keine grüne Bereitschaft mehr, sich nationalistischen Tendenzen entgegenzustellen“, „systematische Versuche der Grünen-Fraktion, alle linken und sowieso alle gewerkschaftlichen Projekte kaputtzumachen“, „jahrelanger totaler Boykott meiner Arbeit“ und so weiter und so fort. Bis dahin haben wir uns noch gesagt: Nun gut, wenn er das so erlebt hat.

Hellhörig hat uns dann allerdings Deine Ankündigung gestimmt, nun wollest Du für die PDS im Bundestag „linkssozialistische, ökologische, pazifistische, feministische, demokratische“ Politik machen. Deswegen auch freuest Du Dich über den aussichtsreichen Listenplatz, den die Partei Dir in Dresden angeboten hat. Warum wir hellhörig geworden sind? Na, weil uns folgendes eingefallen ist: Noch Mitte September hast Du keine Mühe und fast keinen Anbiederungsversuch gescheut, wieder auf die Landesliste der nordrhein-westfälischen Grünen für die Bundestagswahl zu gelangen. Es haben Dich aber nicht einmal eine Handvoll Leuten gewählt. Na gut, verständlich, daß Du das nicht vor der versammelten Presse erzählen möchtest, die eben noch Deine Version vom freiwilligen Ausstieg bei Grünen und Einstieg aus Überzeugung bei der PDS zu hören bekommen hatte. Aber was Du dann auf die Frage nach diesem Widerspruch geantwortet hast — das mochten wir dann wirklich nicht mehr glauben: In den paar Wochen nach Deiner erfolglosen Kandidatur bei den Grünen sei Dir bewußt geworden, was für eine Partei das wirklich ist... Ferdos Forudastan

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