KOMMENTAR: Olympisches Wirtschaften
■ Neuer Olypia-Chef vor alten Fallstricken
Von olympiareifen Leistungen war im Laufe des letzten Jahres häufig zu berichten. Die Spitzenergebnisse wurden allerdings zumeist in den Rubriken Pleiten, Pech und Pannen erzielt. Der Spitzenreiter in diesen Disziplinen war ein mit viel Vorschußlorbeer bedachter Mann. Lutz Grüttke hat in dieser skandalgewohnten Stadt neue Maßstäbe gesetzt. Sein Nachfolger Axel Nawrocki wird, ob er will oder nicht, an ihm gemessen werden. Eine unangenehme Position. Schon das Verfahren seiner Nominierung lädt dazu ein, Parallelen zu ziehen. Lang dauerte es bis der weiße Rauch über dem Aufsichtsrat aufstieg. Kaum war er verzogen, kam als erstes ein üppiges Salär zum Vorschein, gepaart mit einem Parteibuch. Nachweisbare sportpolitische Qualifikationen sind keine zu erkennen. Eine ideale Mischung, um erneute Miß- und Vetternwirtschaft zu erwarten. Doch wiederholt sich die Tragödie bekanntlich nur als Farce. Es wäre in der Tat grotesk, sollte Nawrocki über die selben Fettnäpfe stolpern, die bereits Grüttke durchmessen hat. Allerdings ist dies nicht nur eine Frage seiner Willensstärke. Auch Grüttke ist letztendlich nur gestrauchelt, weil er allzu vehement praktizierte, was sein Aufsichtratsvorsitzender Diepgen des Sonntags immer allzu gerne predigte. Er entfaltete unternehmerische Initiative und handhabte seine GmbH wie einen privatwirtschaftlichen Betrieb. Die Verfehlungen, die ihm zum Verhängnis wurden, waren den Beteiligten bereits vorher bekannt. Erst hernach besann man sich darauf, daß die Pflichten der öffentlichen Haushaltsführung auch für die Olympia-GmbH gelten. Auch für Nawrocki besteht die Gefahr, daß er sich in dem Graubereich zwischen der von seinem Arbeitgeber gewünschten unternehmerischen Eigeninitiative und der gebotenen öffentlich- rechtlichen Verfaßtheit der GmbH verheddert. Dieter Rulff
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