Olympische Winterspiele: Und nochmal Gold für Norwegen
Das IOC sieht die Nationenwertung nicht vor. Doch mit dem Medaillenspiegel kann bestens Politik gemacht werden. Das hatten schon die Nazis erkannt.
Darauf legt das Internationale Olympische Komitee wert. Es stellt „kein globales Ranking nach Ländern“ auf, so heißt es in der Olympischen Charta. Trotzdem guckt jeder drauf.
Hätten die Eishockeyjungs Gold gewonnen, wäre Deutschland nämlich auch hier Number One. Noch vor Norwegen, zumindest nach deutscher Zählung. Dass die Goldmedaillen wichtiger sind als alles andere, ist in großen Ländern verbreitet. Aber Wissenschaftler, die etwas über die Stärke des jeweiligen Sportsystems herausfinden wollen, bedienen sich anderer Kriterien, etwa nach Punkten: Verbreitet ist, für Gold zehn Punkte zu geben, für Silber fünf, Bronze vier und auch noch einen für den sechsten Platz.
Auch verbreitet, vor allem bei kleineren Ländern, ist, dass die Platzierungen in Relation zur Bevölkerungsgröße gestellt werden. Das hat jahrzehntelang etwa Kuba gemacht, und – hätte sie nicht Rücksicht auf die Sowjetunion nehmen müssen – es wäre für die DDR auch eine super Sache gewesen.
Ein gutes Abschneiden in der Nationenwertung gehört oft zu den sportpolitischen Vorgaben, die Regierungen ihren Athleten geben: In Großbritannien gab es für die Sommerspiele 2012 das Ziel des vierten Platzes im Medaillenspiegel; in Australien forderte die Regierung einen fünften Platz für die Sommer- und einen 15. Platz für die Winterspiele. In Pyeongchang belegten australische Sportler mit drei Medaillen nur Platz 23 – ein guter Grund für eine Staatskrise also.
Norwegen ist einfach besser
Nur nicht in Deutschland, wo der knapp verpatzte zweite Platz auch nicht durch eine andere Berechnung verbessert werden könnte: Nationenwertungssieger Norwegen hat etwas mehr als fünf Millionen Einwohner, da könnte Deutschland nicht gewinnen.
Winterspiele in Pyeongchang
Seit wann es die olympische Nationenwertung gibt, lässt sich nicht sicher sagen: Bis 1920 in Antwerpen gab es noch Teams, die aus Sportlern verschiedener Nationalitäten stammten. Gleichwohl wurden manchmal von Organisationskomitees „offizielle Statistiken“ erstellt. Offensiv Politik gemacht mit dem statistischen Nachweis angeblicher nationaler Überlegenheit wurde seit 1936, den Nazispielen in Berlin: Das Deutsche Reich lag deutlich vor den USA, und entsprechend wurde das in hiesigen Medien gedeutet.
Aber das hat ja mit heute nichts zu tun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“