Oligarchen in der Ukraine: Rinat Achmetow unter Druck
Gegen den reichsten Mann des Landes wird angeblich wegen Finanzierung von Terrorismus und Separatismus ermittelt. Bergarbeiter demonstrieren für ihn.
KIEW taz | Nach dem Rücktritt von Ihor Kolomojskij als Gouverneur von Dnipropetrowsk und dem Wiener Auslieferungsverfahren gegen den Oligarchen Dmitrij Firtasch droht nun auch dem reichsten Oligarchen der Ukraine, Rinat Achmetow, Ungemach. Dabei dürfte der Umstand, dass Achmetow nach Angaben der US-amerikanischen Zeitschrift Forbes 2014 von 11,1 Milliarden Dollar nur noch 6,7 Milliarden verblieben sind, noch das geringste Problem des aus Donezk stammenden Oligarchen und ehemaligen Abgeordneten der Partei der Regionen sein.
Die jüngste Ankündigung von Präsident Petro Poroschenko, den „Energiemarkt zu deoligarchisieren“, war eine Kampfansage an den reichsten Mann des Landes. Dessen Firma, die DTEK, kontrolliert 67 Prozent des gesamten Kohlemarktes der Ukraine und kann somit den Strompreis bestimmen. Der Mann, der Achmetow entmachten soll, heißt Wladimir Demtschischin und ist Minister für Energie und Kohleindustrie.
Nach den jüngsten Bergarbeiterprotesten in Kiew hat nun der Abgeordnete des Blockes Petro Poroschenko, Mustafa Najem, im Internet ein Strategiepapier veröffentlicht, das angeblich aus dem Umfeld von Achmetow stammt und eine Kampagne der DTEK belegen soll. Deren Ziel: Mit gezielter Einflussnahme auf staatliche Entscheidungsträger und der Finanzierung von Sozialprotesten auf eine Entlassung von Energieminister Demtschischin hinzuwirken und somit die Bemühungen einer Entmonopolisierung des Energiemarktes zu stoppen.
Najem dürfte sich bei seinem Angriff auf Achmetow der Unterstützung von Poroschenko sicher sein. Dieser hatte angesichts der Bergarbeiterproteste in Kiew und Streiks im Donbass Achmetow gedroht.
Verbindungen zu den Separatisten
Am 30. April befasst sich ein Wiener Gericht mit dem Antrag der USA, den ukrainischen Gasmilliardär Dmytro Firtasch auszuliefern. Firtasch, der 2014 in Wien verhaftet und gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden war, wird vorgeworfen, in Zusammenhang mit einem Titanförderprojekt Amtsträger in Indien bestochen zu haben. Der Fall gilt als brisant – die Auslieferung eines Oligarchen mit engen Kontakten zu Russland wäre ein symbolischer Akt in der Ukrainekrise. (jk)
Tausend Bergarbeiter hatten in der vergangenen Woche in Kiew den Rücktritt des Energieministers gefordert, den sie für die gestrichene Subventionen der Bergwerke und die verzögerte Auszahlung der Gehälter verantwortlich machten.
Nur wenige Stunden vor Bekanntwerden der Vorwürfe von Najem hatte ein anderer Abgeordneter der Poroschenko-Fraktion, Egor Firsow, bei einer Talkshow am 24. April über die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen Achmetow wegen Finanzierung von Terrorismus und Separatismus berichtet. Das Dementi des Pressedienstes von DTEK erfolgte umgehend.
Bereits mehrfach waren Stimmen laut geworden, die von einer Unterstützung der „Volksrepublik Donezk“ durch den Oligarchen berichtet hatten. Anfang des Monats hatte die Internetzeitung donetskie.com von einer Veranstaltung des Expremiers der „Volksrepublik Donezk“, Alexander Borodaj, mit russischen Nationalisten in Russland berichtet. Dort soll Borodaj von Vereinbarungen zwischen Achmetow und den Separatisten gesprochen haben. Man habe Mariupol nicht eingenommen, zitiert das Internetportal Borodaj, weil Achmetow von einem von den Separatisten kontrollierten Hafen nicht mehr nach Europa hätte exportieren können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“