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■ Gericht gegen DaimlerOhrfeige für Strieder

Kurz vor den letzten Wahlen war der damalige Kreuzberger Bürgermeister Peter Strieder (SPD) auch bei den lärmgeplagten Anwohnern der Köthener Straße auf Stimmenfang. Sein lautstarkes Versprechen, die Mieter im Kampf gegen die Dezibel zu unterstützen, erschien manchem von ihnen schon damals nicht überzeugend. Schließlich hatte sich Strieder auf den Veranstaltungen der Anwohner zuvor selten blicken lassen. Eine Mieterin berichtete gar, Strieder hätte auf einen Protestbrief telefonisch geantwortet, man brauche nicht glauben, Daimler unter Druck setzen zu können.

Nun ist Strieder Umweltsenator und hat auf seine Weise recht behalten. Statt die Daimler-Tochter debis unter Druck zu setzen und sein Wahlversprechen wahr zu machen, hat seine Verwaltung grundsätzliche Lärmschutzvorschriften außer Kraft gesetzt. Für die Sonderlizenz zum Betonieren wurden selbst die Rechte der Anwohner von der Umweltverwaltung begraben: Nachdem eine Anwohnerin gegen die Ausnahmegenehmigung geklagt hatte, hat Strieders Verwaltung einem Antrag der debis stattgegeben, die aufschiebende Wirkung der Klage außer Kraft zu setzen.

Wäre Strieder kurz vor den Wahlen nicht nur auf Stimmenfang, sondern auf einer Anwohnerveranstaltung gewesen, hätte er gehört, wie ein Mieter dem Vertreter des damaligen Umweltsenators Hassemer zurief, daß sein Platz eigentlich nicht auf dem Podium bei den Investoren sein sollte, sondern bei den Mietern im Saal. Doch auch der neue Umweltsenator blieb lieber bei den Investoren sitzen. Daß nun ausgerechnet ein Gericht Strieder an den Begriff Bürgerbeteiligung erinnert und die Bürgerrechte nicht gegen die Bauherrenrechte opfert, ist deshalb nicht nur peinlich, sondern die erste schallende Ohrfeige für den Kreuzberger Senator. Uwe Rada

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