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Archiv-Artikel

Ohne Verbot salonfähig

betr.: „Die NPD wird immer fetter“, taz vom 7. 2. 05

Was die NPD zur Zeit vor allem „fett macht“, ist wohl die unverdiente Medienaufmerksamkeit. Denn inhaltlich ist es nicht besonders originell, wie die NPD Stammtischparolen und Sorgen und Nöte vieler Bürger auf Plakatwände klebt. Schließlich hat sie keine klügeren programmatischen Antworten als Regierung und Opposition. Die Botschaften der NPD sind lediglich einfältiger. Sie bedient damit eine Ohnmacht, die Wähler empfinden, wenn ihnen bei Christiansen und Co. immer wieder mit Zahlenakrobatik vorgeführt wird, dass sie im Grunde nur zu dumm seien, die komplizierten Zusammenhänge zu verstehen. „Überlasst das unseren Experten und Kommissionen“, schallt es uns da in den Ohren, und man fragt sich, ob die Volksvertreter inzwischen nur noch dazu dienen, dem Wahlvolk deren Ergebnisse zu verkaufen.

Wer die Demokratie wirklich gegen braunen Dunst stärken und die NPD auf Diät setzen will, müsste zuerst einmal seine Wähler ernst nehmen. Er müsste den Menschen zum Beispiel die Möglichkeit geben, zu verstehen, wie die alles dominierende Ökonomie und Globalisierung funktioniert, anstatt mit Wachstumsfloskeln bessere Zeiten zu beschwören. Und er müsste die Bürger selbst intensiver am politischen Entscheidungsprozess beteiligen, zum Beispiel durch mehr direkte Demokratie. Dann stiege nicht zuletzt die Wahlbeteiligung, und auch das senkt die Chancen rechter Parteien, überhaupt ins Parlament zu kommen. Parteienverbote erscheinen aus diesem Blickwinkel als Bankrotterklärung der Demokraten.

THOMAS SELTMANN, Nürnberg

„Auch wenn man die Partei verbietet, bleiben die gesellschaftlichen Probleme von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit bestehen.“ (Cem Özdemir in den Stuttgarter Nachrichten) Durch ein bloßes Parteienverbot seien die tieferen sich in der Gesellschaft befindenden Probleme nicht gelöst, daher sei die politische Auseinandersetzung notwendig.

Dies ist das von Politikern aller Couleur meist angeführte Argument, um einen Fortbestand der NPD zu legitimieren. Es ist jedoch nicht nur falsch, sondern auch gefährlich und offenbart eine erschreckende Geschichtslosigkeit: Zunächst einmal schließen sich gesellschaftliche und rechtsstaatliche Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht aus. Im Gegenteil, ein Parteiverbot wäre Teil der ideologischen Bekämpfung:

1. Immerhin pumpt Deutschland bald rund 700.000 Euro in die Kassen der NPD-Bundespartei und wird ohne Parteiverbot auch weiterhin die Hasspropaganda von rechts finanzieren. 2. Das Hemmnis der Bürger ist selbstverständlich viel geringer, sich zu einer Partei zu bekennen als zu einer gesellschaftlichen Gruppe, die offenkundig außerhalb des gesellschaftlichen Werte- und Ordnungssystems steht, einer verbotenen verfassungswidrigen Organisation. Ohne Verbot ist der rechtsradikale Mob ein Stück weit salonfähig.

Zuletzt ist es naiv anzunehmen, dass man die NPD durch politische Auseinandersetzung besiegen könne. Im Gegenteil, dadurch – und das sieht man täglich bei der „politischen Auseinandersetzung“ im sächsischen Parlament – bekommt der rechte Mob erst die Gelegenheit, sich zu inszenieren und Medienraum zu erhalten. DAVID MOTADEL, Freiburg