: Ohne Stigma
Schulamtsleiterin Ingeborg Knipper: Ab Tag X können im Prinzip alle Schulen Integrationsförderung beantragen
Der Widerstand der Eltern tat wohl das Seine, die einhellige Ablehnung der Fachwelt das Übrige: Schulamtsleiterin Ingeborg Knipper hat in diesen Tagen bewiesen, dass sie guten Argumenten gegenüber durchaus zugänglich ist. Wie berichtet, wurde von ihr der Plan, die „Integrativen Regelschulen“ durch „Förderzentren“ zu ersetzen, zu den Akten gelegt. „Wir wollen versuchen, möglichst viele Kinder an den Grundschulen zu belassen“, sagt Knipper zur taz.
Nach zahlreichen fachlichen Gesprächen habe sie das „Grobkonzept“ entwickelt mit dem Ziel, dass am Ende „mehr Integration rumkommt“. Fest stehen bisher die Eckpunkte. In einer behördeninternen Projektgruppe sollen bis zur Sommerpause die Details des Konzepts ausgearbeitet werden. Wenn Deputation und Bürschaft zustimmen, könnte es zum 1. August 2004 realisiert werden. Ab dem Inkrafttreten kann dann jede Grundschule eine Sonderpädagogische Förderung für ein Kind beantragen.
Neu ist, dass es für jeden einzelnen Schüler eine „diagnostische Festlegung“ und einen „Förderplan“ geben soll. Die bisherigen 36 IR-Schulen hatten eine pauschale Zuweisung von Sonderförderung bekommen, die davon ausging, dass in jeder Klasse zwei lernbehinderte Kinder seien. Mit dieser Regelung wollte man eine Diskriminierung der Kinder verhindern. „Man kann Diagnostik auch ohne Stigmatisierung machen“, ist Knipper überzeugt. Die Diagnose sei zudem auch von wissenschaftlicher Seite gefordert worden. Sie könnte auch für bestehende IR-Schulen bedeuten, dass die Zuweisung mit Sonderstunden verringert wird, weil die Diagnostik nicht mehr hergibt.
Bei Schulleitern kommt das Konzept gut an. „Was ich bisher gehört habe, ist der richtige Schritt in die richtige Richtung“, sagt Angelika Fiedler von der Integrationsschule Clara Grunwald. „Aber es bleibt abzuwarten, was Diagnostik bedeutet. Ob sie der Förderung dient oder der Segregation.“ KAIJA KUTTER