: Ohne Harakiri nach oben
Daniel Jurgeleit, sportlicher Leiter bei Holstein Kiel, nach dem 3:1-Sieg gegen Rot-Weiß Essen über erfolgsorientierten Fußball, taktische Disziplin und warum noch nicht genug Fans den Weg ins Holstein-Stadion finden
taz: Herr Jurgeleit, im Stadionmagazin wurde die Partie gegen Rot-Weiß Essen als „Reifeprüfung Teil II“ betitelt. Wie reif ist Ihre Mannschaft denn wirklich?
Daniel Jurgeleit: Im Vergleich zum Vorjahr, als wir gegen die Topmannschaften knapp und unglücklich verloren haben, spielen wir viel erfolgsorientierter. Unser Abwehrverhalten ist stabiler geworden, darauf baut sich alles auf. Wir spielen nicht den Hurra-Fußball wie z.B Osnabrück, sondern versuchen Spiele mit einer gewissen Vorsicht und der Cleverness im richtigen Moment zu entscheiden.
taz: Das klingt sehr nüchtern. Fußballfeste sind in Kiel in den nächsten Wochen also nicht zu erwarten?
Jurgeleit: Wenn es das Spiel zulässt, wenn es 3:0 steht, dann kann man natürlich zaubern. Aber es wird kein Spiel geben, wo wir blind nach vorne stürmen. Noch mal: wir versuchen aus einer guten Abwehr heraus nach vorne zu spielen. Nur mit schönem Fußball wird man nicht aufsteigen. Wir müssen unseren Gegner nicht niederrennen, müssen nicht Harakiri spielen.
taz: Das heißt, die entscheidende Stärke der Mannschaft ist ihre taktische Disziplin?
Jurgeleit: Ja, Frank Neubarth hat die Mannschaft sehr gut eingestellt und alle Spieler sind bereit, diese Spielweise umzusetzen. Im Moment glauben wir einfach sehr stark an unsere Stärke. Auch beim Publikum sollte dieser Glaube wachsen, die Mannschaft hätte es verdient.
taz: Sie spielen auf die mauen Zuschauerzahlen in den beiden Topspielen gegen Osnabrück und Essen an...
Jurgeleit: Diese beiden Heimspiele hätten eine größere Kulisse verdient gehabt. Ich hätte mir gewünscht, und habe eigentlich auch damit gerechnet, dass wir 6.000 Zuschauer bekommen.
taz: 4.100 kamen gegen Osnabrück, gegen Essen waren es 4.500. Selbst im DFB-Pokal gegen Unterhachingen waren es nicht mehr. Ist da schon das Limit in Kiel erreicht?
Jurgeleit: Nein. Es liegt auch gar nicht unbedingt am Handball oder daran, dass am selben Tag der HSV gegen Bayern spielt. Ich bin der Meinung, dass hier erst der Glaube an dieses Team wachsen muss, und bin überzeugt, dass er auch weiter wachsen wird. In der entscheidenden Phase der Saison können die Zuschauer dann immer noch den Ausschlag geben.
taz: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation Ihres Vereins ein?
Jurgeleit: Wir verschaffen uns jetzt Respekt in der Liga. Es wird wahrgenommen, dass wir uns zu einer Spitzenmannschaft entwickelt haben. Und wir machen peu à peu weiter.