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Ohne Auto — „einfach besser leben“

■ Sozialwissenschaftler Krämer-Badoni fordert im Hollerland ein „autofreies Quartier“

Warum müssen eigentlich Leute, die aus guten Gründen auf ihre privates Auto verzichten, im Gestank und Lärm der Autogesellschaft wohnen? Warum müssen sie anstatt eines Platzes für Menschen eine Trasse für die Blechkisten vor der Haustür ertragen? Diese Frage will der Bremer Sozialwissenschaftler Thomas Krämer-Badoni aufwerfen und schlägt vor, in einem Modellprojekt eine Wohnsiedlung für autolose Menschen zu bauen, die die höhere Lebensqualität als Kehrseite des Verzichtes auf die Mobilität durch Motorisierung auch zum Zuge kommen läßt.

Etwa im Hollerland-West, direkt neben dem Naturschutzgebiet, findet Krämer-Badoni, könnte ein Modellprojekt ökologischer Stadtplanung für das „Wohnen ohne Auto“ im Bebauungsplan 1999 festgeschrieben werden. Eine schnelle Straßenbahnverbindung sollte das autolose Quartier mit der City verbinden, überdachte Stellplätze für Fahrräder müßten her, ein Platz für „Stadtauto“ müßte mitgeplant werden. (Im Verein Stadtauto sind Menschen zusammengeschlossen, die auf ihr privates Auto verzichten und für gelegentliches Benutzen eines PKW über Vereins-Wagen verfügen.)

Zwischen diesem autofreien Stück Hollerland-Bebauung und der Stadt könnte auch das Experiment eines überdachten Fahrradweges ausprobiert werden. Damit die Fußwege im Quartier den tatsächlichen Gewohnheiten der Menschen angepaßt werden können, sollten die Fußspuren im Schnee als Orientierungshilfen bei der Gehwegplanung benutzt werden. Selbstverständlich seien Interessenten an den autofreien Wohnungen an der Planung des Quartiers zu beteiligen.

Krämer-Badoni will in Gesprächen mit dem Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklunng wie mit der Gewoba, die im Hollerland an der Leher Heerstraße baut, prüfen, ob Phantasie im Städtebau in Bremen gefragt ist. Einzelne rechtliche Aspekte des Projektes werden derzeit schon in der Umwelt-Behörde geprüft. Etwa muß, wer in Bremen ein Haus baut, Stellplätze für Autos mitbauen. Wer keinen Parkplatz baut, muß „Ablöse“ zahlen, auch wenn er selbst gar kein Auto besitzt — ein Anachronismus der Autogesellschaft. Diese Stellplatzverordnung müsse so geändert werden, daß Menschen ohne Auto nicht bestraft werden, fordert Krämer-Badoni. Zudem sollte das Ohne-Auto-Quartier nicht als „reines Wohngebiet“ ausgewiesen sein — diese Kategorie der Stadtplanung ist eigens für die Autogesellschaft erfunden worden und gehört nach Krämer- Badoni im Interesse einer Reduzierung des Autoverkehrs abgeschafft: „Eine Stadt der kurzen Wege ist nicht auf der Grundlage monofunktionaler Quartiere zu bauen.“

Krämer-Badoni meldet auch Widerspruch an gegen die Komfort-Vorstellungen autobesitzender Bungalow-Bauer: Quartiere ohne Auto könnten auch verdichtet gebaut werden — anstatt viel Grünland extensiv zu bebauen, sollte wenig Fläche intensiv und kommunikativ bebaut werden, der Rest könnte dann unbebaute Natur bleiben. K.W.

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