: Offener Brief
an Herrn Otto Schily (Innenminister), Herrn Joschka Fischer (Außenminister)
In Erwägung, dass Ihr Herren Fischer und Schily alles vergessen habt, was Ihr und viele andere GenossInnen in den 68ern bewegte, wollen wir Euer Gedächtnis unterstützen: Uns und auch vielen politikverdrossenen, aber nicht unpolitischen Menschen ging und geht es schlicht um eine gerechte und solidarische Gesellschaft. Wir wollen die Frage nach der Verteilung der Reichtümer in der Welt anders beantwortet wissen, und wir haben den Willen, dem Kapitalismus Grenzen zu setzen.
Es scheint, als habt Ihr Herren vergessen, welche Vielfalt damals in dieser Bewegung war. Diese Vielfalt machte es nicht immer ganz einfach, war aber wichtig. Es scheint, Ihr habt vergessen, welche Erfahrungen man mit einer Polizei macht, die nicht rechtsstaatlich handelt. Es scheint, Ihr habt vergessen, wie dann Gewalt eskaliert. Oder solltet Ihr es nicht verstanden haben damals – und steht nun auf der Seite der „Verteiler“, der „acht Untersichaufteiler“? Versteht Ihr womöglich nurmehr, was Macht bedeutet, und habt eine einzige Sorge, diese zu manifestieren? Und mit dem Vergessen erlernt man schnell andere Dinge. Worte wie: „abgestandenen Antikapitalismus“, „Krawallreisende“, „durchgreifen“ etc. – und natürlich die Hilfe der Polizei. Ganz gleich welcher. Hauptsache: durchgreifen!
Ähnliche Gedanken wie zu Zeiten Brechts...Ähnliche Gedanken wie in den 68ern ...Ähnliche Gedanken wie heute ... lassen uns Euer Vergessen erwägen. A. + D. FRANKE, Düsseldorf
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