: Offener Ausgang
■ Schwieriger Kurs: Die PDS wird eine normale Partei
Die PDS hat sich in Schwerin alle Mühe gegeben, eine normale Partei zu werden. Sie hat ihren Willen, Regierungsverantwortung zu übernehmen, deutlich gezeigt und mit dem entsprechenden Leitantrag den wichtigsten innerparteilichen Streitpunkt per Beschluß erledigt. Sie hat die Kommunistische Plattform politisch an den Rand gedrängt. Sie hat politische Konzepte zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit und zur Steuerpolitik vorgelegt, die zwar noch nicht realitätstauglich, aber auch keine bloßen Luftbuchungen sind, über die sich nicht zu reden lohnte. Ist das „normal“, und wird gut, was „normal“ ist? Diese Normalität ist Ausdruck dafür, daß die PDS-Spitze ihre Partei im Griff hat.
Die meisten Mitglieder folgen brav dem vorbereiteten Kurs der Führung nur aus Einsicht in die Notwendigkeit. Die Modernisierung wird der Partei von oben verordnet und setzt damit ihrer Fähigkeit zu wirklichen politischen Reformen enge Grenzen. Diese Normalität wird der PDS in Zukunft bewußt machen, daß sie nicht nur das Schmuddelkind der deutschen Politik ist. Sie ist vor allem eine kleine Partei, die, sofern sie überhaupt in den Bundestag kommt, in Bonn frühestens im Jahre 2002 gefragt wird, ob sie denn vielleicht den kleinen Juniorpartner von Rot-Grün spielen möchte. An dieser nicht gerade verlockenden Aussicht wird die Partei noch zu knabbern haben.
Der PDS steht ihre eigentliche Zerreißprobe erst noch bevor. Sie wird im Osten über kurz und lang mitregieren, vielleicht schon 1998 in Mecklenburg- Vorpommern. Das verlangt von ihr eine politische Kultur, über die sie noch nicht verfügt. Sie muß auf der Grundlage von eigenen Konzepten Kompromisse eingehen und das als einen Wesenszug ihrer zukünftigen Politik akzeptieren. Damit wird sie, das ist die zweite Herausforderung, erst richtig in die westdeutsch geprägte Gesellschaft gezwungen, die den meisten in der Partei immer noch fremd ist.
Erst durch diese Herausforderungen wird sich der wichtigste Widerspruch der PDS richtig entfalten. Die Frage, ob aus ihr eine moderne, linke Reformpartei, eine zweite sozialdemokratische oder gar eine fundamentaloppositionelle Partei wird, wird dann entschieden. Sie kann nicht theoretisch geklärt werden. So ist das Leben. Jens König
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