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Offenbarungseid

■ Industrie und Handel bieten nicht genug Ausbildungsplätze an

Berlin (taz) – Der Bundeskanzler hatte geladen, und die Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelstags (DIHT) kamen gestern zu ihm und leisteten ihren Offenbarungseid. Einen Zuwachs von zehn Prozent mehr Ausbildungsplätzen hatten die 170 DIHT-Präsidenten noch zu Beginn des Jahres versprochen. Gestern, am Stichtag für das neue Ausbildungsjahr, standen noch 117.000 Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag da. Die Zahl der freien Ausbildungsplätze betrug 69.600. Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: Der DIHT schert sich nicht um sein Versprechen. Im Gegenteil. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit reduzierten die Arbeitgeber in Westdeutschland ihr Angebot sogar um 31.000 Ausbildungsplätze.

Trotz dieser miesen Bilanz erneuerte DIHT-Präsident Hans Peter Stihl gestern das Versprechen: „Die Wirtschaft wird bis zum Jahresende allen Jugendlichen, die dies wollen und können, einen Ausbildungsplatz anbieten.“ Woher die Stellen kommen sollen, ließ Stihl offen. Er setzt auf unternehmerische Entschlußfreude: „Die Unternehmen entscheiden täglich über zusätzliche Lehrstellen.“ Stihl stellte aber auch Bedingungen. Ihrerseits müsse die Bundesregierung „Ausbildungshemmnisse“ aus dem Weg schaffen. Die Berufsschulzeiten sollen verkürzt und Ausbildungsvergütungen abgesenkt werden.

Das gestrige Kanzlergespräch war erst der Auftakt. Als nächstes begrüßt Helmut Kohl Vetreter der Handwerkskammern, kommende Woche kommen Wirtschaftskapitäne zu ihm. Gewerkschaften lud er nicht ein. Bernhard Schulz, Pressesprecher des DGB, mißtraut den Kanzlerrunden: „Damit will die Wirtschaft mit billigen Mitteln von ihren eigenen Versäumnissen ablenken.“ roga

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