: Österreich vor Neuwahlen
■ Bundeskanzler Franz Vranitzky kündigt Koalition mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) auf / Neuwahlen voraussichtlich im November / Eine Große Koalition mit der ÖVP ist wahrscheinlich
Aus Wien Reinhard Engel
Franz Vranitzky hat genug von den Freiheitlichen. Wie der österreichische Kanzler Montagmittag in einem Rundfunkinterview erklärte, tritt er für eine Beendigung der Koalition mit der FPÖ ein. Das bedeutet Neuwahlen voraussichlich Ende November. Vorher muß sich noch das Parteipräsidium der Sozialistischen Partei (SPÖ) mit dem Vorschlag befassen, Vranitzky glaubt aber nicht, daß sein Vorschlag zurückgewiesen wird. Die Koalition zwischen SPÖ und FPÖ bestand seit 1983 und war noch von Bruno Kreisky eingefädelt worden. Er hatte nach dem Verlust der absoluten Mehrheit geglaubt, mit der kleinen FPÖ den Einfluß der Sozialisten vergrößern zu können. Außerdem wollte Kreisky langfristig das bürgerlich–konservative Lager spalten. Unmittelbarer An laß für die Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem kleinen Koalitionspartner war die Abwahl Norbert Stegers als FPÖ–Obmann durch den Rechten Jörg Haider. Steger, Repräsentant des liberalen Flügels der Freiheitlichen, hatte sowohl unter Kanzler Sinowatz als auch unter Vranitzky als Handelsminister und Vizekanzler gedient. Auf die Frage, ob er etwa nach Neuwahlen die FPÖ unter Haider als koalitionswürdig empfinde, antwortete der Kanzler: Sollte die SPÖ die absolute Mehrheit nicht erreichen, sei eine große Koalition mit der Konservativen Volkspartei wahrscheinlich. Nach den letzten Meinungsumfragen liegen die beiden Großparteien Kopf an Kopf, mit einem leichten Vorsprung der ÖVP, wobei sie keine absolute Mehrheit erreichen dürfte. Die Grünen halten sechs Prozent, die FPÖ kaum 3,5 Prozent.
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