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Archiv-Artikel

OFF-KINO Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Die Wilden Hühner und die Liebe“ 7.–13. 6. im Alhambra, Kino Kiste, Thalia, Colosseum 8

Mit „Casino Royale“ gab Daniel Craig letztes Jahr als „neuer“ James Bond seinen Einstand und präsentierte – nachdem im Vorfeld mächtig an seiner Eignung gezweifelt worden war – den Agenten im Geheimdienst ihrer Majestät als ordentlich kantigen Actionhelden, bei dem die Lizenz zum Töten durchaus nicht wie ein Witz wirkte. Allerdings war der Roman von Ian Fleming um das Kartenduell zwischen 007 und dem Schurken Le Chiffre in den 1960er-Jahren schon einmal auf gänzlich andere Weise verfilmt worden: Gleich fünf Regisseure (darunter John Huston), acht Drehbuchautoren und ein Dutzend Stars waren 1967 darum bemüht, eine kolossal unsinnige Parodie gleichen Namens zu fabrizieren, in der David Niven als Bond einen altmodischen und ungemein prüden Spion verkörpert, dem die permanenten Nachstellungen des weiblichen Geschlechts mächtig auf die Nerven fallen. Immerhin kannte er Mata Hari noch persönlich und geht inzwischen mit Nachtmütze zu Bett. Nach Sinn und Stringenz sucht man in der Story, in der nahezu alle Geheimagenten (der komischste ist Peter Sellers) James Bond heißen, zwar vergebens, doch besticht das Werk immerhin mit einer gigantischen parodistischen Ausstattungsorgie, die von schottischem Rustikalstil über deutschen Expressionismus (da haben die Leute dann reichlich Probleme, überhaupt die schiefen Treppen hochzusteigen) bis zu psychedelischer Op- und Pop-Art eine Menge zu bieten hat. Und wenn man sich den Film im Original ansieht, erspart man sich auch das Gesinge von Mireille Mathieu und hört stattdessen Dusty Springfield mit einem Lied von Burt Bacharach.

„Sunset Boulevard“ (OF) 12. 6. im Arsenal 2

Während die Mitwirkung von Billy Wilder (Drehbuch) und William Holden (kleine Rolle) an „Casino Royale“ eher nicht zu den Glanzlichtern ihrer jeweiligen Karriere zu zählen ist, liegt der Fall bei „Sunset Boulevard“ (1950) schon anders. Wilders makabrer Film noir um den erfolglosen Drehbuchautor (Holden), der sich in eine Abhängigkeit zu einem alternden, irrsinnigen Stummfilmstar begibt und als Leiche im Pool endet, gehört zu den besten Filmen jener Zeit: ein düsterer und schwarzhumoriger Blick auf die Traumfabrik Hollywoods.

Die Geschichten um die Abenteuer der Mädchengang „Die Wilden Hühner“ entspringen der Fantasie der Autorin Cornelia Funke und verdanken ihre Popularität wohl nicht zuletzt der Tatsache, dass sich die jugendlichen Heldinnen zumeist mit durchaus lebensnahen Problemen herumschlagen. So auch in den beiden Verfilmungen durch Vivian Naefe, deren zweite, „Die Wilden Hühner und die Liebe, nunmehr die Irrungen und Wirrungen der Gefühle pubertierender Jugendlicher beleuchtet: Händchenhalten und Knutschen, aber auch Eifersucht und erste Erfahrungen mit dem Verlassenwerden stehen nun im Mittelpunkt des Lebens der Freundinnen und ihrer Anführerin Sprotte. Zudem verliebt sich Wilma in ein Mädchen, was zunächst für Vorurteile und Irritationen sorgt. Es darf also ruhig mal ein Problemchen mehr sein – ohne dass der Unterhaltungsanspruch des Films letztlich darunter leidet. LARS PENNING

„Casino Royale (1967)“ (OF) 10. 6. im Z-inema