piwik no script img

OEL

■ Mittrinkjazz

Die Gitarrenläufe und Melodiebögen eines Robert Fripp sind über die Jahre hinweg schwer zu interpretieren geblieben. Nicht unbedingt nachzuspielen, das schafft in jeder erdenklichen Weise, im Handstand oder im hodenreckenden Spagat, bereits die HeavyMetal-Formation vom Lande, so deren Gitarrero mal einen Workshop in der nahegelegenen Volkshochschule mitgemacht hat (den muß allerdings Robert Fripp veranstaltet haben, was er ja auch regelmäßig tut).

Oel bekommen dessen konfuse, teilweise rückwärts um die Ecke gedachte Ton- und Harmoniefolgen natürlich hin. Die kommen vom Jazz - wenn man so will. Zudem aus einem extravagant anmutenden Background: multi- und/ oder visuell, was auch ein Grund dafür sein mag, daß Uwe Arens sie für die Presse abgelichtet hat, der sonst doch Ausstellungen großformatig bebildert und außerdem noch einige Käthe Bes im Labor hängen haben muß. Der Band sind ähnlich wild bewegende Vergangenheiten zuzutrauen.

Neben Fripp reißt Yref eine ganze Reihe weiterer schräg dahergerockte Klangfarben auf der Gitarre an. Endlose Slides, mit denen er das Intro eines Stückes im wahrsten Sinne dehnt, um dann parallel tönend vom Saxophon begleitet Notenschritte mit hohem Swingwert herunterzupicken. Dazu shufflet der Rhythmusblock mit stetig erhöhter Geschwindigkeit, da gerät plötzlich alles in Fahrt. Und auch das Saxophon verläßt sich nicht mehr auf eine ruhige Federführung, sondern hackt und bläst wie im Rausch auf die Mitmusiker ein.

Grundsätzlich herrscht eine rauhe, gespannte Atmosphäre in den allesamt instrumentalen Songs. Viele Sechzigerreminiszenzen klingen dabei an, Jazzclubs auf der Westside, schwüle Nachtbars, Dahindämmern unter dem Einfluß diverser Drogen, Burroughs quatscht am Tresen den Keeper voll. Aber trotzdem ist die Auslegung von Spirit und Psychedelia bei Oel immer handfest, selten fahrig. Eher ruhelos wirren Riffs davon im Kopf umher. In einer solchen Stimmung freut man sich über jeden, der mittrinkt und abhängt (Burroughs ausgenommen).

Nur daß das Blut der Oel-Musikanten sich der namensgebenden Flüssigkeit verschrieben schwarz gefärbt habe, hört man indes selten heraus. Ein ganz klein bißchen Weather Report vielleicht, ein ganz kleiner Cadillac auf den Straßen von San Francisco, doch niemals der große Dealerschlitten des Großstadtpimp. Aber dunkel und düster könnte ja auch das Leben selbst aussehen, so mitten im Oel...

Bei Oel und Whiskey wird es wohl einiges klarer am Abend. Harald Fricke

Um 21.30 Uhr im Kunsthaus Tacheles

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen