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Nur handverlesene Eröffnungsgäste

Erstmals seit 1938 gibt es in knapp zwei Wochen wieder ein Jüdisches Museum in Berlin. Wegen des großen Andrangs steht das Bundesmuseum jedoch zunächst nur Prominenten offen – erst am dritten Tag erhält auch das einfache Volk Einlass

von PHILIPP GESSLER

Um eine Sonderbriefmarke ging es auch – deshalb war Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) dabei. Das Postwertzeichen hat einen Wert von 1,10 Mark, wurde von dem Wuppertaler Grafiker Hans Günter Schmitz gestaltet und ist ab 5. September erhältlich. Aber das interessierte natürlich niemand. Denn neben dem Minister saß sein ehemaliger US-Kollege Michael Blumenthal, unter Präsident Jimmy Carter Finanzminister, derzeit Direktor des Jüdischen Museums in Berlin, das am 9. September eröffnet werden soll. Vorher darf niemand die mit Spannung erwartete Ausstellung sehen – außer den Installateuren und Zulieferern der Schau.

Um den Erwartungsdruck etwas zu dämpfen, gab Blumenthal gestern der Öffentlichkeit zumindest verbal einen Einblick in das, was nach vier Jahren Vorbereitungszeit in knapp zwei Wochen im Libeskindbau in Berlin-Kreuzberg zu sehen sein wird – und verriet, wer die Ausstellung als Erster sehen darf. 850 handverlesene Prominente werden am 9. September, einem Sonntag, die Ehre haben, das Innere des verwinkelten Baus erstmals zu begutachten.

Alles, was in der Bundesrepublik Rang und Namen hat, ist geladen. Die komplette Staatsspitze soll erscheinen: von Bundespräsident Johannes Rau über Kanzler Gerhard Schröder bis zu elf Ministern. Hinzu kommen der Präsident von Ungarn, Ferenc Madl, Vertreter jüdischer Organisationen aus dem In- und Ausland, 16 Botschafter, renommierte Künstler wie der Architekt des Museums, Daniel Libeskind, und einige Spitzenmanager.

Eine besondere Bewandtnis hat es mit einem Gast aus China, dem Oberbürgermeister von Schanghai, Xu Kuangdi. Blumenthal, vor 77 Jahren in Oranienburg bei Berlin geboren, gehörte zu den tausenden von deutschen Juden, die vor den Nazis in die chinesische Hafenstadt fliehen konnten, als nur noch hier Aufnahme möglich war.

Am zweiten Tag der Eröffnungsfeierlichkeiten dürfen dann alle Stifter und Sponsoren in das Museum, und erst am Abend des dritten Tages steht es den Normalsterblichen offen, nachdem ausgewählte Schulklassen es zuvor überrannt haben. Kritik an dieser restriktiven Eröffnungsstrategie weist Blumenthal gelassen zurück: Angesichts des immensen Andrangs sei ein anderes Vorgehen nicht möglich gewesen. Er hoffe jedoch, dass der Trubel um die Eröffnung nicht so groß sein werde, dass die Ausstellung selbst kaum noch Beachtung findet.

Blumenthal hat es nach eigenen Angaben als „sehr überraschend“, aber auch als schön und wichtig empfunden, dass das Museum und seine nun bald eröffnete Ausstellung „einen derartigen Anklang“ gefunden haben. In der Gedenklandschaft der Hauptstadt sei das Haus ein wichtiger Ort, da es nicht nur an die Opfer des Holocaust erinnere, sondern das Leben der Juden in Deutschland in seiner zweitausendjährigen Geschichte zeige. Aus einer „kleinen Idee“ sei etwas Großes und Wichtiges geworden.

Und was ist nun zu sehen? Der Ausstellungsmacher Ken Gorbey lüftete nur kurz den Vorhang: Er nannte drei, vier besondere Exponate und Installationen wie die dreidimensionale Computersimulation über das Jüdische Viertel im mittelalterlichen Worms. Die Spannung auf das spektakuläre Museum soll bis zuletzt erhalten bleiben.

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