: Nur fünf Wochen, noch keine fünf Jahre
■ Der Hamburger SV schlägt Hertha BSC Berlin mit 5:1 und bleibt Nummer Eins im Hause ufa
Das wollten die Spieler des Hamburger SV nur einmal klarstellen: Bei der ufa Sports GmbH sind sie zur Zeit der Herr im Haus. Unter dem knappen Dutzend Vereinen der Ersten Fußball-Bundesliga, die der Sportvermarkter unter Vertrag hat, bleiben sie die Nummer Eins. Gleich mit 5:1 schickten die Kicker von Trainer Frank Pagelsdorf die Herthaner am Sonnabend zurück in die Bundeshauptstadt und bleiben damit souverän und ungeschlagen Tabellenführer der Liga. Und so deutlich, wie dieser Sieg ausfiel, so chancenlos war das Team um Coach Jürgen Röber auch.
Vor allem die Abwehr wirkte wie ein Torso. Da half auch die Verpflichtung von Thomas Helmer unter der Woche als Defensivstratege nichts. Der wegen doppelten Stinkefingers und beidhändigem Scheibenwischer gegenüber Otmar Hitzfeld bei Bayern München geschasste Ostwestfale konnte keine Ordnung in die Hintermannschaft der Berliner bringen.
Statt dessen zeigte der Hamburger SV, wie man eine Viererkette knackt. Ein um das andere Mal spielte Rodolfo Esteban Cardoso den überraschenden langen Paß auf die schnellen Stürmer und überwand so die langsame Berliner Abwehr. Und Roy Präger zeigte, warum Pagelsdorf so darauf aus war, ihn an die Elbe zu holen. Drei Mal traf der Blondschopf, zweimal nach Steilpässen von eben Cardoso. Mit je einem Treffer vervollständigten Mehdi Mahdavikia und Nico Kovac das Torschützentrio.
Damit gelang den Hanseaten nicht nur die Revanche für die zwei bitteren Niederlagen in der vergangenen Saison. 0:4 und 1:6 waren sie damals den Herthanern unterlegen. Viel entscheidender war für Trainer Frank Pagelsdorf, dass eine umsichtig und langfristig geplant zusammengestellte Mannschaft erfolgreicher spielt, als eine für viel Geld zusammengekaufte. Seitdem sich die ufa bei Hertha engagiert, pumpte der Sportrechtevermarkter einen gewaltigen Betrag in den Aufbau eines Teams. Und zu Beginn dieser Saison investierten die Berliner noch einmal rund 20 Millionen Mark in neue Spieler. Da nehmen sich die 2,75 Millionen, die der HSV für seine Neuzugänge ausgab, geradezu bescheiden aus. Doch im Unterschied zu den Hauptstädtern merkte man gestern den Rothosen an, dass da ein zusammengewachsenes Team auf dem Feld stand.
Allen voran Roy Präger, der vom ersten Spiel an Einsatzwille und Torgefährlichkeit zeigte, über Nico Kovac, dem das Hamburger Publikum schon jetzt Weltklasse bescheinigte, bis hin zu den beiden Iranern Mehdi Mahdavikia und Vahid Hashemian. Ganz wichtig für die Mannschaft ist aber einer geworden, den Anfangs niemand auf der Rechnung hatte. Rodolfo Esteban Cardoso war eigentlich schon ausgemustert, als er von seiner Visite als Leihspieler aus Argentinien zurückkam. Über gute Leistungen in der Vorbereitung spielte er sich wieder in den Kader und ist bereits jetzt wegen seiner kämpferischen Einstellung und seinem hervorragenden Spielverständnis beim HSV nicht mehr zu ersetzen.
„So macht Fußball einfach Spaß“, freute sich nach dem furiosen Sieg HSV-Sportchef Holger Hieronymus. Der ehemalige Aktive der Hanseaten muss es wissen, schließlich gehörte er in den achtziger Jahren zur Traumelf um Felix Magath, die 1983 den Europapokal der Landesmeister gewann. Allerdings hält er Vergleiche mit diesem Siegerteam für verwegen: „Damals waren wir über fünf Jahre erfolgreich. Jetzt sind wir es gerade über fünf Wochen und haben noch keinen Titel gewonnen.“
Ein wenig hoffen dürfen die Hamburger Fans aber schon: Wer einen Champions League-Teilnehmer dermaßen deutlich nach Hause schickt, hat gezeigt, dass er auch im internationalen Fußball ein Wörtchen mitreden könnte.
Eberhard Spohd
HSV: Butt, Fischer, Hoogma, Hertzsch, Groth, Kovac, Cardoso (ab 83. Grammozis), Hollerbach, Mahdavikia, Yeboah (ab 79. Hashemian), Präger (ab 74. Dembinski)
Hertha: Kiraly, Helmer, Veit (ab 46. Michalke), Herzog, Hartmann, Thom, Kostandinidis, Dardei, Neuendorf (ab 63. Michalke), Preetz, Wosz (63. Daei)
SR: Dardenne – Z.: 40.760
Tore: 1:0 Mahdavikia (2.), 2:0 Präger (24.), 3:0 Präger (41.), 4:0 Präger (67.), 4:1 Dardei (84.), 5:1 Kovac (90.)
Besonderes Vorkommnis: Butt hält Foulelfmeter von Preetz (54.)
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