piwik no script img

Nur eine nette Abwechslung

■ In der „Nacht der Wohnungslosen“ blieben diese unter sich

Die „Nacht der Wohnngslosen“ war eine einsame Nacht. Nachdem das kulturelle Rahmenprogramm gegen 24 Uhr endete, gingen die meisten der 200 Zuschauer nach Hause. Obdachlose und Veranstalter blieben unter sich. Prominente waren nicht gekommen, um sich mit dem Elend auf der Straße zu solidarisieren.

Dementsprechend groß war die Enttäuschung auf seiten der Organisatoren. „Wir hätten uns mehr Aufmerksamkeit gewünscht“, so Peter Schröder-Reinecke vom Diakonischen Werk, „aber Obdachlose haben eben keine Lobby.“ Fast alle Wohlfahrtsverbände hatten zu der europaweiten Aktion aufgerufen, an der sich allein in Deutschland mehr als 120 Städte beteiligten.

Als sich die Menschen in Zelten und Hütten auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz schlafen legten, gab es aber auch Zufriedenheit. „Ich habe heute soviel geredet, wie noch nie in meinem Leben“, sagte Horst Caspari. Der 47jährige lebte früher selbst auf der Platte, hat inzwischen eine eigene Wohnung in Lurup. „Sogar meine Nachbarn sind gekommen“. Für ihn war die Aktion ein Erfolg, denn „es muß doch etwas nützen, miteinander zu reden“. Caspari engagiert sich in Hamburgs erster Selbsthilfegruppe für Obdachlose. „Wir wollen den Kollegen helfen und Verständnis für ihre Situation wecken.“ Da kämen solche Veranstaltungen gerade recht.

Ordner sammelten noch in der Nacht den Abfall in Müllsäcke. Da schliefen schon viele Obdachlose vor den Schaufenstern bei Karstadt. „Es haben sich Kollegen auch geweigert, hierher zu kommen“, sagte Caspari nachdenklich. „Weil sie im Winter aus den Notquartieren vertrieben wurden und jetzt gegenüber solchen Solidaritätsveranstaltungen mißtrauisch sind.“

Torsten Schubert

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen