: Nur der Himmel ist unzerstörbar Dunkle Wolken liegen über den
■ Zum Hundertsten des Malers Franz Razewill: eine Briefmarke und Ausstellungen in Dangast und der Kunsthalle Emden
Eine umfassende Werkschau in der Kunsthalle Emden (11. Februar - 23. April) und eine kleine Ausstellung in seinem Heimatdorf Dangast am Jadebusen (bis 30. April) erinnern in den kommenden Monaten an den Maler Franz Raziwill. Mit seinem Gemälde „Der Wasserturm in Bremen“ auf einer Sonderbriefmarke setzte ihm die Post im Jannuar ein kleinformatiges Denkmal in Millionenauflage. Der 1983 gestorbene Künstler wäre am 6. Februar 100 Jahre alt geworden.
Die Ausstellung im Raziwill-Haus in Dangast präsentiert selten gezeigte und bisher nicht in der Bundesrepublik ausgestellte Werke Raziwills. Zu sehen sind in der ehemaligen Wohnung und dem Atelier des Malers 40 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen aus allen Schaffensperioden.
Das Hauptwerk Raziwills wird je nach Standort der Kunsthistorker dem „Magischen Realismus“, dem „Phantastischen Realismus“ oder der „Neuen Sachlichkeit“ zugeordnet. Auch als „skeptischer Romantiker“ ging der Maler in die Fachliteratur ein. Bei allen unterschiedlichen Begriffen herrscht jedoch Übereinstimmung, daß von seinen Werken eine kaum erklärbare Faszination ausgeht. Dabei spielen die oft als düster empfundene Farbgebung, ungewöhnliche Lichtverhältnisse und der als Motiv vielfach verarbeitete Gegensatz von Technik und Natur die Hauptrolle.
„Der Kosmos kann zerstört werden, der Himmel nicht“ lautet der nahezu programmatische Titel eines seiner späten Gemälde. Es enthält die für viele Radziwill-Gemälde typischen Bildelemente: ein Unwetter verheißender grau-schwarzer Himmel, ein düsteres Meer als Himmelsspiegel, Fischkutter auf dunkelrosa verfärbtem Strand und ein Flugzeug im Sturzflug.
Der Schlüssel für die teilweise apokalyptisch gefärbte Weltsicht des Künstlers könnte in seiner Biographie liegen. Nach der Ausbildung als Maurer und Architekt erlebte Raziwill die Schrecken des ersten Weltkrieges als Soldat. Die Großstadt Berlin, wo er 1920 in die Künstlergruppe „Freie Sezession“ um Schmidt-Rottluff, Heckel und Pechstein aufgenommen wurde, blieb eine Episode. 1922 kehrte er nach Norddeutschland zurück und ließ sich im malerischen Fischer- und Badeort Dangast nieder. Dort blieb er - unterbrochen nur von Reisen und vom Dienst als Soldat - bis zu seinem Tod.
Bei aller Bewunderung für sein Werk gab es auch immer kritische Distanz wegen seiner Entscheidungen zu Beginn der Nazizeit. 1933 trat Radziwill in die NSDAP ein. Im selben Jahr wurde er mit einer Professur an der Kunstakademie Düsseldorf betraut. Von dem Verdacht, er habe mit einer politischen Anpassung an das Naziregiem Karriere gemacht, befreite ihn auch nicht die Entlassung aus dem Lehramt 1935 und die Einordung seines Frühwerks als „entartet“ . dpa
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