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Nur Geld und Sicherheit?

■ Jugend 86: Allensbach befragte 1010 Mädchen und Jungen

Als „konservativ, materialistisch und unpolitisch“ bezeichnet die Zeitschrift Stern die Mehrheit der deutschen Teenager zwischen zwölf und 16 Jahren. Dieses Urteil ist Resultat der Untersuchung „Jugend 86“, die die Hamburger Zeitschrift beim Allensbacher Institut für Demoskopie in Auftrag gegeben hatte und in ihrer heutigen Ausgabe veröffentlicht. Befragt wurden 1010 Mädchen und Jungen aus der Bundesrepublik und West–Berlin, die Auskunft über ihre Wünsche, Ziele, Hoffnungen und Ängste gaben. Wichtigste Lebensziele der heutigen Jugend sind lt. Allensbach ein sicherer Arbeitsplatz (70 Prozent der Befragten), ein großer Freundeskreis (74 Prozent) und ein gutes Einkommen (64 Prozent). Die Jungen und Mädchen würden, wenn überhaupt, in erster Linie die CDU/CSU wählen (19 Prozent), aber auch den „Grünen“ ein gewichtiges Mandat geben (16 Prozent); die FDP bleibt indes auf der Strecke (1 Prozent). Eindeutig ist das Votum gegen die Atomenergie: 70 Prozent der Jugendlichen lehnen sie ab. „In Brokdorf war es wie in einem Scheißfilm“, kommentierte z.B. die sechzehnjährige Steffi. Ansonsten ist die „Jugend 86“ arm: „Arm an Phantasie, Illusionen und Abenteuerlust. Oberstes Gebot: keine Experimente“, resümiert der Stern. Angekündigt hat die Illustrierte ihre Untersuchung unter dem Motto „die Rebellion entläßt ihre Kinder“ und fragt eingangs gleich: „... Was bleibt Jugendlichen übrig, deren Erzeuger zur rebellischen Generation gehörten?“ Die Antwort: „Geld liegt bei ihnen höher im Kurs als Idealismus.“ Doch der Eindruck, es handele sich bei der Studie „Jugend 86“ um eine Untersuchung über die Kinder der „68er–Rebellen“ täuscht: Durchaus repräsentativ sei die Umfrage angelegt gewesen und keinesfalls auf diesen speziellen Aspekt ausgerichtet, betont die Projektleiterin beim Allensbacher Institut, Frau Köcher. Der Stern klagt auch über fehlendes politisches Engagement der Teenager. Doch wann, so ist zu fragen, waren Zwölf– und Dreizehnjährige jemals überdurchschnittlich politisch engagiert? Vergleichbare Untersuchungen vorhergehender Jahre hat das Allensbacher Institut auf Anfrage zumindest nicht vorzuweisen. Zum Fragenkomplex „politisches Engagement“ ließe sich jedoch auch die These wagen, daß Teenager zu keiner Zeit politisch aktiv waren, sondern lediglich auf politische Sachverhalte reagiert haben. Dieser Auffassung ist jedenfalls Jugendbuchautor Peter Härtling, bei den Jugendlichen „vor Ort“ kein Unbekannter. Zwar sei ein Trend zur Entpolitisierung bei älteren Jugendlichen festzustellen, so Härtling gegenüber der taz, doch habe dieser Trend einen triftigen Grund: der Zustand dieser Welt schüchtere die Teenager zunächst einmal ein, mache sie unsicher. „Die große Angst vorm Kaputtgehen“, diagnostiziert er bei der „Jugend 86“. det

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