piwik no script img

„Null–Diskussion“

■ Stuttgarter Gemeinderat weigert sich, über den Tätigkeitsbericht der Frauenbeauftragten zu diskutieren

Von Gunhild Schöller

Die Mehrheit im Stuttgarter Gemeinderat aus CDU, FDP und FWV (Freie Wähler) weigert sich, über den zweiten Tätigkeitsbericht der Stuttgarter Frauenbeauftragten, den sie am Donnerstag vorlegte, öffentlich zu diskutieren. Für eine „fadenscheinige Ausrede“ hält die Frauenbeauftragte Gabriele Steckmeister die Begründung, ihr Bericht sei zu kurzfristig übergeben worden, so daß keine Zeit zum Lesen gewesen sei. „Tatsächlich haben diese Gemeinderäte Angst, sich öffentlich zu der scharfen Kritik und den brisanten Themen, die in meinem Bericht stehen, zu äußern.“ Besonders übel genommen werden der Frauenbeauftragten ihre Angriffe gegen die § 218–Politik im Ländle. Sie deckte den Abtreibungstourismus nach Hessen auf und legte Zahlen vor: Danach ist es praktisch unmöglich, in Stuttgart eine Klinik zu finden, die einen Abbruch vornimmt - Stuttgart verzeichnet 130 Abtreibungen pro Jahr, Frankfurt dagegen zwischen 6.000 und 7.000. Außerdem kritisiert Gabriele Steckmeister die rigiden Beratungsrichtlinien. Auch mit der Forderung, die Verwaltung müsse Vorbild sein bei der Förderung von Frauen, wollten sich die konservativen Gemeinderäte nicht beschäftigen. Schon vorher hatte die Verwaltung jegliche Form von Quotierung abgeblockt. Die CDU–dominierte Verwaltung und die Mehrheit im Gemeinderat ergänzen sich beim Abblocken jeder Initiative, die von der Frauenbeauftragten kommt. Auf die „Null–Reaktion“ der Verwaltung folgt nun die „Null–Diskussion“ im Gemeinderat. Zuvor war bereits die Veröffentlichung eines kritischen Berichts über die Situation der Ausländerinnen in Stuttgart untersagt worden. Denn die Verwaltung konnte sich nach ihren eigenen Worten „nicht mit den Inhalten identifizieren, insbesondere nicht mit den Angriffen gegen die Landes– und Bundespolitik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen