: Null-Summen-Spiel
■ FC St. Pauli: Zeigefreudiges Grünhemd sorgt beim 0:0 in Essen für Aufregung Aus Essen Katrin Weber-Klüver
Ein 23. Mann drängte sich in den Vordergrund. Gerade drohte nach einer guten Stunde Spielzeit die Zweitliga-Partie zwischen Rot-Weiß Essen und dem FC St. Pauli arg langweilig zu werden, da besann sich Schiedsrichter Manfred Amarell (München) seines guten Rufs als freigiebiger Kartenzücker mit Mut zu unkonventionellen Entscheidungen.
Als also in der 70. Minute Essens Einwechselspieler Jens Wittke im Strafraum St. Paulis in einer Hamburger Gemeinschaftsaktion zu Fall gebracht wurde, zeigte der Mann in Grün nicht etwa auf den Elf-Meter-Punkt, sondern Wittke gelb. Es blieb beim 0:0. Das Gros der 10 300 Zuschauer im Georg-Melchel-Stadion an der Hafenstraße verlor umgehend die Contenance.
St. Pauli hingegen konnte es derart vom Glück begünstigt, sogar verkraften, daß 5 Minuten später Bernd Hollerbach seine desolate Vorstellung mit einer Halb-grabsch-ich-ihn-halb-hecht-ich-ihm-ins-Kreuz-Einlage kröhnte. Gegenspieler Lipinski lag noch am Boden, da hatte Hollerbach schon die rote Karte vor der Nase. In Unterzahl mußten die Gäste das Remis nur zwei Minuten lang halten. Dann machte Amarell den armen Wittke nach einem harmlosen Foul an Zander mit der rot-gelben Kartenkombination fast noch zum verzweifelten Match-Looser.
Glück im Unglück hatten nun ihrerseits die Essener, das St. Pauli aus dem folgenden Freistoß keinen Nutzen zog: Ar Hjelm, für Leo Manzi ins spiel gekommen, köpfte den Ball elegant über das Tor. Womit auch schon der Höhepunkt der zweiten Halbzeit erwähnt wäre. In der ersten Halbzeit hatte St. Pauli immerhin noch vier echte Torchancen gehabt, während Essen sich die gesamte Partie über zwar feldüberlegen präsentierte – gleichzeitig aber auch hochkarätig abschlußnervös. Deshalb blieb die Partie, die zuvor den Hamburgern alle Perspektiven von Platz acht bis zur roten Laterne geboten hatte, ein Null-Summen-Spiel. Immerhin war Trainer Seppo Eichkorn hernach „mit dem Punktgewinn zufrieden“. Auch die nur rund 800 Fans der Hamburger jubelten. Die Essener hingegen waren sich einig, daß Amarell, der „Schieber“, sie ins Unglück gestürzt hatte.
Rot-Weiß Essen: Kurth – Spyrka – Pickenäcker, Jack – Margref, Lipinski, Bangoura (56. Wittke), Vogt (46. Ueding), Reichert – Dondera, Grein
FC St. Pauli: Reinke – Dammmann – Philipkowski, Schlindwein - Stanislawski, Gronau, Zander, Hollerbach, Pröpper – Driller, Manzi (65. Hjelm)
Gelbe Karten: Jack, Wittke / Zander, Stanislawski, Gronau, Driller
Gelb-rote Karte: Wittke
Rote Karte: Hollerbach
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