Kommentar (siehe S. 22): Nützliche Idioten
■ Helmut Kohl und seine Chaoten
An solchen Abenden gehen alle als SiegerInnen vom Feld – auch die vermeintlichen. Herr Bundeskanzler Helmut Kohl konnte sich nach seiner Wahlkampfrede am Montag abend auf dem Bremer Marktplatz als Gewinner fühlen. Auch der nicht mehr junge, politisch rechts von der Mitte stehende Durchschnittsbürger, den er anspricht, und – unter den Frauen – das konservative Idealbild einer sogenannten Trümmerfrau, das er entwirft, hatten viel Gelegenheit, zustimmend „Genau!“ zu rufen. Und die KritikerInnen mit ihren Trillerpfeifen haben es der alten Birne mal so richtig gegeben. Doch haben sie das?
Vor vier Jahren fand der Bremen-Auftritt bei Kohls Wahlkampftour in der Stadthalle statt. Auch da war eine dosierte Menge Protest zugelassen, denn die „Chaoten“ und „Extremisten von links und rechts“ fehlen in keiner Kohl-Rede, und ohne einige Anschauungsbeispiele gelingt kein Kohl-Auftritt. Diesmal hat die Wahlkampfregie mehr Protest zugelassen, das heißt: sie hat ihn inszeniert.
Der in der Summe reaktionärer gewordene Wahlkampfredner Helmut Kohl polarisiert das Publikum und stellt seinem Politik- und Geschichtsentwurf ein rot-grünes Chaosszenario entgegen. Deutschland und sich selbst zeichnet er als „Fels in der Brandung“, und nichts könnte dieses Bild besser illustrieren als Trillerpfeifen und „Aufhören!“-Rufe seiner GegnerInnen. Christoph Köster
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