piwik no script img

Archiv-Artikel

Notwendiger Trennungsstrich

betr.: „Die Blindheit der Europäer“ von Eberhard Seidel, taz vom 2. 12. 03

Eberhard Seidel vergleicht die Islamisten mit Faschisten. Nun ja, ich würde eher das Wort „faschistoid“ verwenden. Aber bitte! Nur, wenn schon der Vergleich, so ist es doch vielleicht ganz interessant zu überlegen, was man etwa in den späten Zwanzigerjahren von außen gegen das Aufkommen der Nazis hätte tun können.

Die innerdeutschen ideologischen Auseinandersetzungen hätte man kaum beeinflussen können; es wäre also geblieben: keine Kumpanei mit den Nazis, Unterstützung der demokratischen Kräfte in Deutschland. Dazu rechtzeitige Aufhebung aller Beschränkungen aus dem Versailler Vertrag, die die wirtschaftliche Gesundung Deutschlands hemmten und/oder als diskriminierend empfunden wurden und so „Nährboden“ für die Nazis bildeten: Handelseinschränkungen, Reparationen/Schulden und die Besetzung des Rheinlands bzw. dessen Souveränitätskontrolle. Die Parallelen liegen auf der Hand. Hinzu käme heute natürlich noch eine vernünftige Integrationspolitik in Deutschland bzw. Europa.

ANDREAS UNGER, Berlin

Auch ich halte den Islamismus für eine Bedrohung von Frieden und Freiheit. Ich habe auch keine Toleranz für fundamentalistische Verbrechen. Trotzdem will ich mit den muslimisch geprägten Gesellschaften gemeinsam nach Ursachen des Fanatismus suchen. Da kann ich nicht übersehen, dass Toleranz und Weltoffenheit im Nahen Osten es schwer haben, wenn der Westen sich so verhält, wie er sich verhält. Die ständige Demütigung durch die USA und deren Weltherrschaftsanspruch haben nicht den Islamismus hervorgerufen, aber sie sind Wasser auf seine Mühlen. Dem Islamismus dieses Wasser abgraben können wir durch einen respektvolleren Umgang mit der islamischen Welt. […]

Die Weltwirtschaftskrise 1929 war kein Verbrechen der USA, deshalb war laut Seidel der Irakkrieg 2004 auch keins. Hä? Der Faschismus führte wie der Islamismus einen „kulturellen Kampf gegen alle sinnlichen und materiellen Versuchungen der kapitalistischen und kommunistischen Welt“?! Sagt Seidel. Grübel: „die sinnlichen und materialistischen Versuchungen der kommunistischen Welt“? Ist die enge Zusammenarbeit zwischen Nazis und Antizionisten nicht auch ohne solche Unsinnigkeiten offensichtlich genug? […]

WERNER HAJEK, Heide

Sehr genau zutreffend finde ich Seidels Feststellungen und Analysen bezüglich des eindeutig faschistisch-totalitären Charakters der islamistischen Bewegung und ihrer Anschläge auf insbesondere Juden. Auch was sich hinter dem klammheimlichen bis offenen Verständnis und der Toleranz versteckt, die gerade diesen Tätern und ihren grausigen Taten europäischerseits entgegengebracht wird, hat Eberhard Seidel scharfsichtig wahrgenommen und benannt: Antisemitismus und Antiamerikanismus.

Seidel zieht den notwendigen Trennungsstrich, die Untaten und Morde der islamistischen Täter müssen eindeutig diesen zugerechnet werden und nicht etwa den Opfern. Das wäre ansonsten eine pervertierte Sicht auf die wirklichen Verhältnisse, so wie sie schon in Nazi-Deutschland propagiert und praktiziert wurde. […]

KLAUS JERSCKEWITZ, Ravensburg

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die erscheinenden Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.