: Notstandsregeln gegen Ozon
■ Senat beschließt Sommersmogverordnung gegen die Stimmen der FDP
Wenn der nächste Sommer so heiß wird wie der in diesem Jahr, dann heißt es erstmals runter vom Gas auch für die Bremer AutofahrerIn. Gestern beschloß der Senat genau die Sommersmogverordnung, die der Umweltsenator gemeinsam mit seiner Kollegin aus dem Bauressort vorgeschlagen hatte. Wenn bei genügend Meßstellen in Bremen oder Niedersachsen der Grenzwert von 215 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft erreicht wird, dann darf auf den Autobahnen nur noch Tempo 90 und innerstädtisch nur noch 50 gefahren werden. Wer schneller fährt, riskiert ein Bußgeld. Damit klinkt sich Bremen in eine Reihe von Bundesländern ein, die mangels bundeseinheitlicher Regelungen mit Länderverordnungen vorgeprescht sind. „Wir hoffen, damit einen Beitrag zu leisten, die Ozonspitzen zu kappen“, sagte gestern Umweltsenator Ralf Fücks bei der Präsentation der Verordnung. Gegen den Sommersmog könne man nur mit großflächigen Einschränkungen des Autoverkehrs vorgehen.
Noch am Montag nachmittag hatte alles so ausgesehen, als würden Ralf Fücks und seine Kollegin Eva-Maria Lemke-Schulte mit ihrem Vorschlag im Senat untergehen. Die Staatsräte, die die Senatssitzung vorbereiteten, stimmten mehrheitlich gegen die Verordnung. Der Grund: Insbesondere Bürgermeister Klaus Wedemeier vertrat die Ansicht, Bremen solle sich ganz an die niedersächsische Sommersmogverordnung anhängen. Das wiederum hätte bedeutet, die Verordnung wäre das Papier nicht wert gewesen, auf dem sie gedruckt steht. Wenn in Niedersachsen bei drei Meßstellen, die mehr als 50 Kilometer auseinander liegen, Ozonkonzentrationen von mehr als 215 Mikrogramm gemessen werden, dann gilt sofort Tempo 90 für Autobahnen und Tempo 80 für Landstraßen – für den Stadtstaat Bremen hätte das kaum praktische Folgen bedeutet. Die Ozonverordnung – eine Lachnummer. Im Gegensatz dazu wollten Bausenatorin und Umweltsenator auch in den innerstädtischen Verkehr eingreifen. So war der Montag Abend von zäher und schließlich erfolgreicher Überzeugungsarbeit bestimmt. Als es im Senat zur Abstimmung kam, votierten nur die beiden FDP-Senatoren gegen die Verordnung.
„Das ist eine Notstandsregelung, wenn die Ozonwerte schon so hoch sind, daß die Gesundheit gefährdet wird“, sagte Ralf Fücks. Ursprünglich wollte das Umweltressort einen Grenzwert von 180 Mikrogramm und Tempo 30 innerstädtisch durchsetzen, zu viel Öko für die KoalitionspartnerInnen. Und außerdem wollte die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn lieber keine gemeinsame Verordnung mit Bremen machen. Ohne auch nur auf die Vorschläge zur Zusammenarbeit zu antworten, verkündete die niedersächsische Umweltministerin im August eine eigene Verordnung. Mehr als ein erster Schritt ist danach für Bremen nicht herausgekommen. Auf den Durchgangsstraßen, auf denen sonst schneller als 50 gefahren werden darf, soll mit dem Tempolimit der Schadstoffausstoß drastisch reduziert werden. „Um 20 bis 30 Prozent“, sagte die Bausenatorin Lemke-Schulte. Allerdings werden sich die BremerInnen auf Einschränkungen einstellen müssen, auch wenn die Ozonkonzentration in Bremen die Grenzwerte längst noch nicht erreicht. Die Bremer Verordnung greift auch dann automatisch, wenn in Niedersachsen Ozonalarm ausgelöst wird. Konkret: Wenn in Südniedersachsen dicke Luft ist, wird auch in Bremerhaven das Tempolimit ausgerufen.
Die Verordnung ist auf die kommenden drei Sommer befristet. Dann sollen die Erfahrungen ausgewertet werden. Der Umweltsenator ahnt schon, was dabei herauskommt: „Ich gehe davon aus, daß dann die Zügel noch mehr angezogen werden.“ J.G.
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