Norderstedt hat ein neues Wahrzeichen und nicht jeder Premierengast war begeistert: Die Eröffnung
AM RAND
Klaus Irler
Als ich vergangenen Mittwoch im Feuerwehrmuseum zu Norderstedt meine Jacke an die Garderobe hängen wollte, standen da Angela Merkel, Joachim Gauck und Olaf Scholz im Foyer. Etliche TV-Kameras waren auf sie gerichtet und neben ihnen stand Moderatorin Barbara Schönberger, die eine hochgesteckte Frisur trug und in einem Tempo redete, als hätte sie Drogen genommen.
„Und, gibt es unter Ihren Kabinettskollegen welche, die Ihre Feuerwehr-Leidenschaft teilen?“, ballerte Schönberger und Merkel antwortete: „Also, ich weiß von Wolfgang Schäuble, dass er ein enges Verhältnis zur Feuerwehr hat. Aber auch Thomas de Maizière. Und Olaf Scholz. Gut, der gehört nicht zum Kabinett, aber er hat mir erzählt, dass er früher mal bei der freiwilligen Feuerwehr war.“
Noch während Merkel redete, ertönte der Gong, der den Start des Programms signalisierte. Alle strömten in die Plambeck-Halle, der Ausstellungshalle für die großen Löschgruppen- und Tanklöschfahrzeuge. Dort sollte jede Minute die Führung losgehen. 2.100 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur warteten gespannt.
Es lag gelöste Anspannung in der Luft. Die Plambeck-Halle galt lange als Millionengrab. Endlose Streitigkeiten, Bauverzögerungen und Kostensteigerungen. Nun stand sie da: Geschaffen aus einem 200 Jahre alten Bauernhof. Mit einem Giebel, den die Welt noch nicht gesehen hat. Und einer Doppelverglasung, die ihresgleichen sucht.
Atemberaubend sind die neuen Sichtverhältnisse. Ein japanischer Experte hat eine Belüftungsanlage entwickelt, die die Luft von Feinstaub reinigt, sodass die Exponate für die Besucher in nie dagewesener Prägnanz sichtbar werden.
Nie hat man die Autospritze der Freiwilligen Feuerwehr Degerndorf aus dem Jahr 1929 so strahlen sehen. Nie traten die Lampen des Lichtmastanhängers der Berufsfeuerwehr Hamburg aus dem Jahr 1966 so konturiert und doch harmonisch sich bereichernd hervor. Sicher, es ist die Frage, von welchem Standpunkt aus man das Glück hat, die Exponate betrachten zu dürfen. Nicht jeder Premierengast war begeistert. Aber die Mehrheit sagte: Dieses Feuerwehrmuseum gehört zu den zehn besten der Welt.
Das Eröffnungsprogramm überzeugte: Ausgehend von einem Löscheimer aus dem Jahr 1639 spannte Museumsdirektor Hajo Brandenburg einen Bogen durch die Geschichte der Feuerwehr. Besonders ansprechend war die maßstabsgetreu nachgebildete Rettung einer Kuh, deren Beine im Moor versunken sind.
Norderstedt hat ein Wahrzeichen, das die Welt begeistert. Fast hätte ich mir eine Dauerkarte gekauft. Doch dann sagte Norderstedts Bürgermeister Hans-Joachim Grote: „Wir müssen sofort die Preise erhöhen. Das Feuerwehrmuseum muss ein Haus sein, in dem sich auch die oberen Zehntausend wohl fühlen. Es ist ein Haus für alle und nicht nur für das einfache Volk.“
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