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Noch keine Anklage

Auch der zweite Tag im Prozess gegen vier mutmaßliche RZ-Mitglieder endete, bevor er richtig losgehen konnte

Eine Besetzungsrüge, ein Einstellungsantrag sowie Scharmützel zwischen Verteidigung und Bundesanwaltschaft (BAW) – auch der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder der Revolutionären Zellen (RZ) endete, bevor er richtig losgehen konnte. Nach dreistündiger Dauer unterbrach Richterin Gisela Hennig gestern die Hauptverhandlung im fast voll besetzten Hochsicherheitssaal 500 des Berliner Landgerichts.

Die Gerichtsvorsitzende kam erst gar nicht dazu, die Anklageschrift gegen die Beschuldigten Matthias Borgmann, Sabine Eckle, Harald Glöde und Axel Haug zu verlesen. Die vier sollen von 1986 bis 1991 an militanten Aktionen zweier Berliner RZ-Gruppen beteiligt gewesen sein. Doch bevor das zur Sprache kommen kann, muss das Gericht über zwei von der Verteidigung eingebrachte Einwände befinden.

Durch die Art und Weise, wie BAW und Bundeskriminalamt (BKA) im Vorverfahren ermittelt hätten, seien die Kernelemente eines europäischen Rechtsverständnisses nicht gewährleistet, kritisierte Borgmanns Verteidiger Wolfgang Kaleck. Von einem fairen Verfahren könne nicht die Rede sein. Über ein Jahr sei der Kronzeuge Tarek Mousli, auf dessen Aussagen die Beschuldigungen gegen die Angeklagten im Wesentlichen beruhen, gezielt von den Strafverfolgern vernommen worden. Widersprüche in seinen Aussagen seien glattgebügelt worden, gewünschte Angaben habe man durch Versprechen auf Haftentlassung und materielle Vorteile hervorgerufen. „Als Zeuge ist Tarek Mousli unbrauchbar gemacht worden“, sagte Kaleck und forderte die Einstellung des Verfahrens.

„Völlig fehl am Platze“ fand dagegen Bundesanwalt Volker Hohmann die Kritik der Verteidigung am Umgang der Ermittler mit dem Kronzeugen. Zuvor rügte Eckles Anwalt Johannes Eisenberg in einem ausführlichen Statement die Besetzung des Gerichts. Die Ergänzungsrichter könnten möglicherweise durch andere Verhandlungen daran gehindert werden, am Prozess teilzunehmen. Unter anderem deshalb, so Eisenberg, sei das Recht auf gesetzliche Richter also nicht gewährleistet.

Sollte die Strafkammer der Rüge Eisenbergs Recht geben, muss das Verfahren mit anderen Ergänzungsrichtern neu aufgerollt werden – eine kleine Verzögerung von einigen Tagen, die sich aber auf der Anklagebank auswirken könnte. Denn derzeit wird in Karlsruhe darüber entschieden, ob gegen den ebenfalls Beschuldigten Rudolf Schindler noch einmal verhandelt werden darf, obwohl bereits ein anderes Gericht über seine RZ-Mitgliedschaft geurteilt hat. WOLF-DIETER VOGEL

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