: Niemand sonst
■ Sommertheater: Der Mobil-Pegasus-Preis 1995 geht an Saburo Teshigawara
Der Gewinner des Mobil-Pegasus-Preises für die beste Produktion des 12. Internationalen Sommertheaters ist: Saburo Teshigawara. Der japanische Choreograf, Bildhauer und Tänzer hat in seinem Duo Here to Here mit Sayoko Yamaguchi das gespannte bis zerrissene Verhältnis von Geist und Körper in einer gleichzeitig schonungslosen wie ergreifenden Art tänzerisch diskutiert. Das entsetzliche Gefühl, daß der eigene Körper nicht zu einem gehört, wird von Teshigawara in einer Perfektion ausgedrückt, die ihresgleichen sucht.
In einem weißen Würfel, dessen Lichtverhältnisse sich stetig wandeln, den Tänzer aber stets schattenlos lassen, und begleitet von Musik, die mehr im Unterbewußten ihr Echo findet, zeigt Teshigawara den Moment auf dem Weg von der Verspannung zur Entkrampfung auf, wo man die Verspannung sieht. Fern ab davon, in den reinen ästhetischen Formalismus zu verfallen, gewinnt Teshigawara in der strengen Reduktion der Mittel eine Unmittelbarkeit, die rührt, zur Nachdenklichkeit zwingt und dabei gleichzeitig voller Reichtum der feinen, überlegten Schritte steckt.
In der Begründung der 7köpfigen Jury heißt es dazu: „Saburo Teshigawara hat in der Kompromißlosigkeit seiner Komposition von Körper und Raum Wesentliches dazu beigetragen, die Bühnenkünste als äußerst spannungsreiche Beziehung der Theaterzeichen neu zu etablieren. Niemand sonst vermag derzeit, Elemente des Theaters wie Bühne, Licht, musikalische und tänzerische Mittel in ihrer Gleichwertigkeit so genau zu kalkulieren und durch größte Klarheit und Intensität zu kennzeichnen, ohne dabei einen nur spartanischen oder abstrakten Bühneneffekt zu erzielen.“
Die mit 15.000 Mark dotierte Auszeichnung wurde Teshigawara am Dienstag abend im Gästehaus des Senats überreicht. tlb
Schattenriß von Markus Scholz
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