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„Niemand kann Svenni greifen“

Sven Ottke verteidigt gegen Charles Brewer seinen WM-Gürtel, muss aber demnächst öffentlich-rechtlich boxen

MAGDEBURG dpa/taz ■ Er hat den WM-Gürtel behalten, aber die Show-Bühne gewechselt. Mit seiner siebten erfolgreichen Titelverteidigung als Weltmeister der International Boxing Federation (IBF) im Supermittelgewicht bleibt Sven Ottke der Vorzeige-Boxer der Sauerland-Promotion. „Er ist unser Flaggschiff“, sagte Jean-Marcel Nartz, der Technische Leiter des zweitgrößten deutschen Box-Unternehmens, nach dem 2:1-Punktsieg über Herausforderer Charles Brewer (USA) am Samstag.

Wilfried Sauerland feierte seinen 33 Jahre alten Protagonisten gar als „Phantom“, das nicht zu stellen ist. Nun peilt er einen Titelvereinigungskampf mit dem neuen WBC- Champion Thingaan Thobela aus Südafrika an. Für die Sauerland-Vertreter ging mit diesem spannenden Duell und verdienten Sieg ein Stück Fernsehgeschichte zu Ende. Haussender RTL, der mit den Übertragungen der Kämpfe von Henry Maske und Axel Schulz einen Box-Boom in deutschen Wohnstuben mit bis zu 18 Millionen Zuschauern ausgelöst hatte, hat sich nach acht Jahren aus dem schlagenden Geschäft zurückgezogen. Von nun an flimmern die Kämpfe der Kölner bei der ARD über die Mattscheibe.

Die Zusammenarbeit mit den Öffentlich-Rechtlichen beschere dem Boxstall einen „ähnlich gut dotierten Vertrag wie mit RTL“, erklärte Sauerland. Ähnlich gut heißt: finanziell schlechter dotiert. Doch Sauerland entdeckt die positiven Seiten. „Bei der ARD zeigen wir jetzt bis zu zehn Veranstaltungen im Jahr, bei RTL waren es fünf, sechs.“ Der zumeist in Südafrika lebende Promoter will deshalb personell aufrüsten. Den Italiener Giovanni Nardiello, den Ottke im vergangenen Jahr schlimm verhauen hatte, hat er bereits verpflichtet. Zwei weitere sollen folgen. Deshalb will sich Sauerland auch bei Olympia umschauen. Ottke bewertet den Senderwechsel positiv. Bei RTL sah er sich seit geraumer Zeit als fünftes Rad am Wagen. „Da hat Formel 1, Champions League und Skispringen Vorrang. Deshalb ist so ein Wechsel sicherlich nicht schlecht.“

Der Kampf des Karlsruhers gegen Brewer, dem er vor knapp zwei Jahren den Titel abgeknöpft hatte, geriet in Magdeburg zum Volksfest. Obwohl Ottkes Kampfesführung nicht zu den spektakulärsten gehört, standen die 8.500 Zuschauer und sangen „Oh, wie ist das schön“. Der unermüdlich angreifende und erstaunlich konditionsstarke Brewer lief sich in der Deckung des Weltmeisters fest und kassierte zum Gefallen der skandierenden Fans die klareren Treffer.

In seiner Dankesrede meinte der Titelverteidiger: „Zweimal war es ein bisschen kritisch. Zweimal ist das eingetreten, was ich erhofft hatte: Ihr ward da!“ Danach brach Jubel los. „Ich habe noch nie erlebt, dass jemand so angebetet wird“, staunte Sauerland. Ottkes öffentlicher Dank an Trainer Ulli Wegner „für die anstrengende, aber gute Zusammenarbeit“ trieb dem Coach Tränen in die Augen. „Wenn der Junge bei seinem größten Erfolg an seinen Trainer denkt, dann ist das ergreifend.“

Wegner meinte, es rühre ihn, was sein Schützling „auf seine alten Tage“ noch an taktischen Dingen gelernt habe. Es gebe keinen Supermittelgewichtler in der Welt, „der Svenni greifen kann“. Auch Beobachter Axel Schulz befand: „Sven ist gereift.“ Und für TV-Co- Kommentator Henry Maske sah Ottke „nicht immer toll aus, aber er war wirkungsvoller“. Nur Brewer nörgelte: „Ottke kämpft immer noch wie ein Amateur, hat sich nicht entwickelt. Er rennt mehr, als er schlägt.“

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