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Archiv-Artikel

Nie auf Rosen gebettet

FUSSBALL-KIEZKLUB Bei Türkiyemspor setzt man auf Rettungspartys und hofft auf Sponsoren

Sportvereine gibt es viele. Türkiyemspor aber ist schon noch ein wenig mehr. Als der Kreuzberger Klub im Dezember 2011 Insolvenz anmelden musste, war das ein Schock für den Mikrokosmos des Berliner Fußballs. Seither gibt es Spendenaktionen und Rettungspartys – die nächste am Samstag im Südblock.

Der Stand zu Beginn des Jahres 2013: Das Insolvenzverfahren läuft nach wie vor – mit zahlreichen Gläubigern. Laut Insolvenzverwalter Sebastian Laboga ist das Verfahren aber auf einem guten Weg: „Die Gläubiger erkennen ja auch alle die Besonderheit und die Bedeutung dieses Vereins“, sagt er.

Weiterhin gehe es darum, „die Zukunftsfähigkeit des Vereins aufrechtzuerhalten“. Bei Türkiyemspor bemüht man sich nun um neue Sponsoren. Dazu sollen die Spendenaktionen, die bislang rund 19.000 Euro eingebracht haben, Geld für die Sanierung in die Kassen spülen.

„Noch ist die Kuh nicht vom Eis“, sagt Özcan Mutlu, Grünen-Abgeordneter und Aufsichtsrat bei Türkiyemspor. Er zeigt sich aber überzeugt von der Rettung des Traditionsvereins, der Vorbild für viele andere migrantisch geprägte Sportvereine war. Sportlich ist Mutlu mit dem derzeitigen elften Rang der ersten Mannschaft Türkiyemspors zur Winterpause in der Berlin-Liga zufrieden. Doch „Erfolg misst sich nicht nur in Pokalen“, sagt er, „sondern in guter Jugend- und Integrationsarbeit.“ Und in dieser Hinsicht ist der für sein soziales Engagement weit über Berlin hinaus bekannt gewordene und mehrfach ausgezeichnete Verein weiterhin vorn.

Verein mit gutem Klang

Auch wenn also der Name Türkiyemspor noch immer einen guten Klang hat, war die Insolvenz nicht wirklich überraschend gekommen: der Fußballverein aus dem Herzen Kreuzbergs, der Anfang der Neunziger Jahre sogar einmal fast in die zweite Bundesliga aufgestiegen wäre, war finanziell gesehen nie wirklich auf Rosen gebettet. Zuletzt hatten Missmanagement und fehlende personelle Kontinuität auf der Führungsebene entscheidenden Anteil am Niedergang des Vereins. Man setzte nur auf die erste Herrenmannschaft. Als der Erfolg ausblieb und das Aushängeschild des Vereins in der Regionalliga nach drei Jahren sang- und klanglos als Tabellenletzter abstieg, brach das finanziell fragile Vereinskonstrukt endgültig zusammen.

Vielleicht aber war dieser Zusammenbruch genau das, was Türkiyemspor brauchte. Weil sich der Verein nun wieder auf seine Kreuzberger Wurzeln besinnen muss. Heute spielt der Klub – nachdem man zwischenzeitlich im Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg kickte – wieder im Willy-Kressmann-Stadion am Viktoriapark. Dort im Kreuzberger Süden kann Türkiyemspor nun frisch überlegen, was den Verein einst zum Aushängeschild des Kiezes hat werden lassen. JAN TÖLVA

■ Türkiyemspor-Rettungsschirmparty im Südblock am Kottbusser Tor mit gutem Pop und Berliner Akzenten auf über 80 Sprachen, Admiralstr. 1–2, Samstag, 22 Uhr