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Nichts Neues im Spannungsfeld

■ Filmdiskussion zum Abschluß von „Projektionsfläche Balkan“

Als Filmfreund, wie der joviale Ansager vom NDR-Filmclub zu sagen pflegt, hat man es nicht leicht. Filmerfahrungen atomisieren sich zusehends und werden vom nächsten Kino-Besuch überschrieben bis sogar Kritiker, abseits aller ökonomischen Überlegungen, nach dem Sinn ihres Tuns fragen. Dementsprechend gut besucht war die vom Institut für Sozialforschung organisierte Diskussionsveranstaltung, die drei Filme zusammendenken und in einen politischen Rahmen stellen wollte.

Angetreten waren zum Abschluß von „Projektionsfläche Balkan“, einer Veranstaltung, die via Film und Tanz der europäischen Rezeption des Balkankriegs nachspürte, hochkarätige Diskutanten. Nachdem der Filmkritiker der Zeit, Andreas Kilb, die drei zur Diskussion stehenden Spielfilme unter die Oberbegriffe Mythos (Underground), Geschichte (Der Blick des Odysseus) und Tradition (Vor dem Regen) stellte, warf die Filmkritikerin der tageszeitung Mariam Niroumand allen drei Filmen billige Medienschelte und einen Mangel an Ironie vor, nicht als Geste, sondern als Affekt, der Kunst von Krieg unterscheidet.

Aus diesem Spannungsfeld zwischen einer Kunst, die sich mit fast „religiösem Eifer vom Krieg die Wirklichkeit borgt“ (Niroumand), hätte sich nun insbesondere dann eine spannende Diskussion entspinnen können, als der Theatermacher Dragan Klaic eine Verbindung herstellte, indem er Kusturica unterstellte, in den Mythos zu flüchten und keine Verantwortlichen zu nennen, weil die Kriegs-treiber seinen Film finanziert hätten. Doch leider hielt die Moderatorin Ulricke Ackermann sklavisch an ihrer Marschroute fest und die Diskutanten nahmen das Friedens-Angebot dankend an. Was dann kam, waren Anekdoten ( „Als ich neulich Kusturica traf...“) und Feuilleton-Schnack ( „Sie wissen schon, die Engel-Metapher bei Benjamin.“) Und betroffen sahen wir den Vorhang und noch viele Fragen offen.

Volker Marquardt

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