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Nicht vergleichbar

■ betr.: "Geschlossene Vorstellung", taz vom 16.4.92

betr.: „Geschlossene Vorstellung“ von Henry M.Broder,

taz vom 16.4.92

Aus dem Beitrag spricht ein erhebliches Maß an Naivität. Dem Autor ist offenkundig nicht zur Kenntnis gelangt, daß man nach dem Krieg bei uns alles unternommen hat, um jene zu rehabilitieren, die unter anderem auch diesen Krieg und die Verfolgung ihrer Gegner möglich gemacht haben. So hat unser Bundestag mit einer Vielzahl von Gesetzen dafür gesorgt, daß Gegner des NS-Regimes, die wegen ihrer politischen Einstellung nicht in das Beamtenverhältnis übernommen wurden, auch in der neuen Bundesrepublik keine Chance im öffentlichen Dienst bekamen, so daß in manchen Ämtern nach dem Krieg mehr PGs saßen als vorher (wegen des verkleinerten Bundesgebietes).

Dagegen wurde ein Mann Bundeskanzler, der am 10.8.1934 an den NS-Innenminister schrieb: „Die NSDAP habe ich immer durchaus korrekt behandelt und mich dadurch wiederholt in Gegensatz zu den damaligen ministeriellen Anweisungen... gesetzt. So habe ich Jahre lang entgegen der damaligen Verfügung des preußischen Innenministers der NSDAP die städtischen Sportplätze zur Verfügung gestellt und ihr bei diesen das Hissen ihrer Hakenkreuzfahnen an den städtischen Flaggenmasten gestattet...“ (K.Adenauer)

Straußens Tätigkeit als „Offizier für wehrgeistige Führung“ ist hinlänglich bekannt, immerhin eine Aufgabe, die von den Nazis als „ausschließlich politisch-weltanschaulich-nationalsozialistisch“ bezeichnet wurde. Andererseits wurde 1990 einem Lehrer in Landsberg vom Kultusministerium gemäß Pressemitteilungen untersagt, offizielle Führungen und Vorträge über das KZ Landsberg zu halten, obwohl er für seine Forschungen mit den Schülern den ersten Preis beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten bekam und in Israel als Anerkennung für seine Arbeit den Yad-Vashem- Leuchter.

Macht entwickelt offensichtlich immer Züge, die man gemeinhin eher dem „rechten“ Spektrum zuordnet:

—Machterhalt als Selbstzweck,

—Ideen, Philosophie, Religion als Mittel, um die Bevölkerung leichter zu regieren und Anhänger zu rekrutieren,

—die eigene Partei mit dem Staat gleichsetzen, den Gegner kriminalisieren und so weiter.

Herr Broder scheint entgangen zu sein, daß es in der alten DDR und der alten Bundesrepublik dieselben Zielgruppen waren, die dem Staat nicht genehm waren, nämlich Anhänger der Friedensbewegung im weitesten Sinn, wie auch Bürgerbewegungen, Atomkraftgegner, und — auf den ersten Blick vielleicht erstaunlich, wenigstens für den „sozialistischen“ Staat — sogar Sozialisten (Biermann etc.)

Entsprechend logisch und erstaunlich einfach war dann auch zum Beispiel die schnelle Vereinigung von Ost- und West-CDU, ohne die H.Kohl wohl kaum die Wahlen gewonnen hätte, seine Bereitschaft, mit dem SED-Staat eine Konföderation einzugehen, die äußerst freundschaftlichen Treffen der CSU/CDU- Spitzenpolitiker mit führenden Stasi- Offizieren, Subventionierung des „gegnerischen“ Staates und so weiter. Alfred Hartmann, München

Wir stehen mitten im Fluß atemberaubender Veränderungen. Deswegen sehe ich es nicht als angebracht, schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein endgültiges Urteil über die Ex- DDR abzugeben. Auch Broder weiß das. Und was den „kalkulierten Massenmord der Nazis“ betrifft, so läßt sich dieser überhaupt nicht mit dem vergleichen, was Broder „Barbarei des SED-Staates“ nennt!

An dieser sicheren Feststellung zu rütteln oder versuchen, sie abzuwandeln — in diese gefährliche Verlockung kommen heute viele ständig: denn es ist vieles im Fluß, und auf dem Fluß schwimmt viel Treibgut an Wortlosem wie Wertvollem, das sorgfältig auseinandergehalten werden muß! Besonders für die Schriftsteller ergibt sich daraus die Notwendigkeit, Richtiges vom Falschen zu trennen, Übernommenes zu prüfen und erst dann kräftig sich zu Wort zu melden! Wolfgang Schroeder, Rastede

Dank für „Geschlossene Vorstellung“ von Henryk M. Broder. Das nahtlose Hinüberwachsen und die erbarmungslose Akzeptanz der Kunst- und Kulturbonzen der ehemaligen DDR ist eine Verhöhnung derer, die unter ihnen gestöhnt haben. Auch ihre Medienbrisanz ist niederschmetternd. [...] Eberhard Göschel, Dresden

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