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„Nicht verfassungswidrig“

■ Der NPD–Ableger Deutsche Volksunion (DVU), die Republikaner, eine CSU–Abspaltung, und die offen neo–nazistisch agierende FAP bestimmen den Bremer Wahlkampf, der bislang keine inhaltlichen Schwerpunkte vorweisen konnte

„Die Parteieigenschaft ist nicht anzuzweifeln“, hatte der Bremer Landeswahlleiter für alle drei rechtsextremen Gruppierungen im Bremer Wahlkampf herausgefunden, und folgerte: „Mangels Feststellung als verfassungswidrige Partei durch das Bundesverfassungsgericht, als verbotene Ersatzorganisation oder als Nachfolgeorganisation einer verbotenen Partei durch den Bundesinnenminister kann der Landeswahlausschuß die Anerkennung nicht versagen.“ Eine formal korrekte Entscheidung, der sich in der Abstimmung des Ausschusses nur die Grünen nicht anschließen mochten. Noch kaum Partei, aber sehr kapitalkräftig ist die „Deutsche Volksunion - Liste D“ (DVU). Erst im März hatte sich unter diesem Namen im Münchener Löwenbräukeller die NPD mit dem Herausgeber der Nationalzeitung, Gerhard Frey, zusammengeschlossen. Die NPD stellt dabei die Mitglieder und in Bremen den zweiten Landesvorsitzenden der DVU, Frey steuert aus seinen Firmen und einem einträglichen Devotionalienhandel mit NS–Symbolen und -Schriften das Kapital bei. Rund zwei Mio. Mark investiert die DVU in den Bremer Wahlkampf - ungefähr so viel wie alle anderen Parteien zusammen. Die DVU hat in Bremen nur eine Postfach–Adresse. Wahlwerbung und alle Kontakte laufen über die Münchener Zentrale im Verlagshaus der Nationalzeitung. Weniger Geld, kaum Mitglieder, dafür aber bereits drei Abgeordnete haben in Bremen die Republikaner. 1985 waren die jahrelangen Querelen innerhalb der CDU, die in ihrer Bremer Diaspora Wahlergebnisse um die 30 Prozent erringt, übergekocht. In Bremerhaven traten mehrere Stadtverordnete und zwei Landtagsabgeordnete zu den Republikanern über, einer CSU–Abspaltung des stolzen ehemaligen Mitgliedes der Waffen–SS, Franz Schönhuber. Inzwischen hat ein dritter Bremer CDU–Abgeordneter unter schweren Vorwürfen seine alte Partei verlassen. Politische Differenzen konnte auch er nicht nennen, einig sind sich aber alle Republikaner darin, daß sie der CDU jede denkbare Gemeinheit zutrauen. Zum Beispiel: Die CDU finanziert die Deutsche Volksunion, um die Chancen der Republikaner zu schwächen. Auch hinter einer Bombendrohung gegen eine Republikaner–Veranstaltung vermuteten sie die CDU. Die Bremer Zentrale der „Republikaner“ ist in einem Hotel untergebracht, die „Reps“ rechnen nicht mit dem Überspringen der Fünf–Prozent–Marke. Während sich DVU und Republikaner in der Öffentlichkeit gerne das Bild seriöser, demokratischer Parteien geben wollen, ist die „Freiheitliche Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP) in ihrer Selbstdarstellung offen neo– nazistisch. Ihre Hetzblätter sind mit Runen– Symbolen geschmückt, im Stechmarsch marschierten 40 ihrer Mitglieder im Januar hinter einer schwarz–weiß–roten Fahne durch die Bremer Innenstadt. Der Landesvorsitzende wurde im Juli wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er bei Schießübungen einen Jagdpächter erschossen hatte. Hakenkreuzschmierereien auf dem jüdischen Friedhof gehen ebenso auf das Konto der FAP wie Überfälle auf türkische ArbeiterInnen und Läden.

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