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Nicht nur Luftschläge

■ Axel Schneider inszeniert Israel Horovitz' „Fast Hands“

Axel Schneider hats mit dem Sport. Als Zehnkämpfer und im Hamburger Marathon Engagierter bewies der Intendant des Altonaer Theaters schon öfter seine Affinität zu Stücken mit ausgiebigen Kampfszenen. Wie etwa in Die drei Musketiere ging es dabei aber deutlich um reines Theaterfechten. Bei seinem neuesten Projekt will Schneider allerdings ganz dicht ran an die Realität und nimmt das Pub-likum gleich mit.

Fast Hands heißt das Stück, das morgen an einem ungewöhnlichen Ort Premiere feiert, nämlich im Ring vom traditionsreichen Wandsbek-Gym, der Trainingshalle von Universum Box-Promotion. Mit dem Boxsport verband Schneider bis dato gerade mal die Erinnerung, als Achtjähriger Mohammed Ali vor dem Bildschirm angefeuert zu haben. Vor eineinhalb Jahren dann lernte er den amerikanischen Stückeschreiber und Drehbuchautoren Israel Horovitz kennen – selbst Hobby-Boxer. Bei dessen Fast Hands nun stellt Schneider seine drei Schauspieler vor eine große Herausforderung, denn ihr Text soll von entsprechendem sportlichen Einsatz begleitet sein.

Für den Regisseur hat das mit Glaubwürdigkeit zu tun: „Natürlich könnte ich die auch einfach an den Bühnenrand stellen und ihren Text aufsagen lassen, doch das ist langweilig.“ So soll etwa der Trainer Ike Mellis nicht nur als Behauptung daherkommen, dem muss man seine Boxvergangenheit schon abnehmen. Und dem Champion Tony Whitaker steht ein Waschbrett auch besser als Hohlkreuz und Haltegriffe. Außerdem spielen zwei echte Boxer mit. Für Luftschläge, die mehr nach Qi Gong aussähen, würde sich Schneider da vermutlich schämen.

So haben Hans-Jörg Frey als Trainer, Matthias Pantel als Champ und Frank Felicetti als mieser Mafioso ihr method acting sehr ernst genommen. Dramatischer Höhepunkt der Proben: ein uninformierter Nachbar hatte bei einer Waffenszene die Polizei angerufen, die den Club kurzerhand stürmte. Die Situation ließ sich glücklicherweise schnell klären.

Schneider hat das für seinen Geschmack sehr amerikanische, weil in deutschen Ohren etwas sentimentale Stück mit Einverständnis des Autors „gesund ausgedünnt“. Neben einer ordentlichen Ladung Männerschweiß bietet es einiges an Bronx-Atmospäre sowie Einblicke in das abgekartete Spiel im Boxkampf, wo die sportliche Leistung zweitrangig ist. Die Beziehung, die sich zwischen Trainer Ike und seinem Schützling Tony aufbaut, kennzeichnet typische Sprachlosigkeit unter Männern. Hier will der Regisseur Platz für Gesten und Blicke lassen. Sicherlich ein nötiges Gegengewicht zur ansonsten schlagkräftigen Strategie der Prob-lembeseitigung. Liv Heidbüchel

Premiere: morgen, 20 Uhr, Universum-Gym, Walddörfer Str. 332

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