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Nicht einmal ein Traum wird wahr

■ Wladimir Akopjan, nach Selbsteinschätzung eher ein fauler Schachspieler, ist nach seinem WM-Halbfinalerfolg nun plötzlich vom Touristen zum Favoriten geworden

Berlin (taz) – „Nein!“, sagt Wladimir Akopjan, noch nie habe er davon geträumt, Schach-Weltmeister zu werden. Der Armenier steht jedoch kurz davor, eine logische Entwicklung zu krönen: U16-, U18- und U20-Weltmeister war Akopjan in den Jahren 1986, 89 und 91. Im Endspiel der K.o.-WM des Weltverbandes FIDE wird der 27-Jährige auf den Russen Alexander Chalifman oder Liviu-Dieter Nisipeanu treffen. Dem Rumänen gelang mit dem Ausgleich zum 2:2 der Sprung in den Tie-Break.Egal, wer sich dabei in der vergangenen Nacht in Las Vegas durchsetzte, erstmals seit der zweiten Runde befindet sich Akopjan wieder in der Favoritenrolle im Kampf um die 528.000 Dollar Preisgeld. In der Weltrangliste steht er als 36. vor Chalifman (45.), Nisipeanu liegt sogar knapp außerhalb der Top 100.

Ein willkommener Anlass für Garri Kasparow, einmal mehr über das Turnier und seine Teilnehmer zu spotten. Während er Chalifman immerhin noch in die Riege der „starken Spieler“ einstuft, qualifizierte der Weltmeister von eigenen Gnaden Nisipeanu und Akopjan als „WM-Touristen“ ab.

Dabei eliminierte Akopjan den Weltranglisten-Elften Jewgeni Barejew (Russland) und den noch vier Plätze höher platzierten Michael Adams (England). Nun hat er genug freie Zeit, einen Großmeister zu beleidigen, der wie er im aserbaidschanischen Baku das Licht der Welt erblickte, mit fünf Jahren Schach erlernte, sich für Fußball begeisterte und Pilot werden wollte: Garri Kasparow.

„Kasparow hat kein Recht, mich einen Touristen zu nennen“, klagte er und bemühte seine bisherige Bilanz gegen den Moskauer als Beleg. „In der ersten Begegnung besaß ich eine totale Gewinnstellung. Aber sein Glück rettete ihn: Ich schenkte ihm ein Unentschieden, weil dadurch meine Mannschaft gewann. Im nächsten Duell holzte er mit Weiß alles herunter und machte ambitionslos erneut ein Remis. Wenn einer ein Tourist ist, dann Kasparow!“

Seinen Einzug ins Endspiel führt der 27-Jährige auf seine Fantasie am Brett und seine guten Nerven zurück. „Die kommen einem beim K.o.-Modus zugute“, weiß Akopjan. Mit ernster Arbeit auf den 64 Feldern hat er es hingegen weniger, „ich bin sehr faul wie alle Armenier“. An manchen Tagen trainiere er ein, zwei Stunden, aber auch nicht immer, gesteht er. „Ich studiere Schach nicht täglich 20 Stunden wie Kasparow und beschäftige zehn Assistenten, um alles zu analysieren. Er kann Schach spielen, sicher, aber er spielt nicht wirklich selbst.“ Auch ohne den Ratschlag seines Lehrmeisters zu beherzigen, könnte er nun in die Fußstapfen von Michail Botwinnik treten. Der Exweltmeister kündigte einst an: „Akopjan hat das Zeug zum Weltmeister. Aber er kann es nur schaffen, wenn er arbeitet wie Kasparow.“ Dazu kommt Akopjan vor allem eines in den Sinn: „Ich bin kein Tourist!“

Hartmut Metz

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