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INTERVIEW„Nicht alles, was Strauß sagt, ist falsch“

■ Ulrich Irmer, FDP-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses kritisiert den Strauß-Besuch in Südafrika / Der Bayer habe „sich völlig von seinem Auftrag wegbewegt“ / Klarstellung der Botschaften verlangt

taz: Sie haben Strauß einen „Komplizen der Apartheid“ genannt und seine Reise als „Amoklauf“ bezeichnet. Warum regt sich denn die FDP jetzt erst auf? Die Politik von Strauß gegenüber Südafrika war doch vorher hinlänglich bekannt.

Ulrich Irmer: Wir hatten die Erwartung, daß Strauß gerade wegen seiner guten Beziehungen dem dortigen Regime ins Gewissen reden würde.

Das heißt, Sie hatten das Vertrauen, daß Strauß von seiner sonstigen Politik Abstriche macht, wenn er im Kohl-Auftrag reist. War das nicht ein bißchen naiv?

Das mag schon sein. Aber man sollte das, was geschehen ist, auch nicht dramatisieren. An der Politik der Bundesregierung hat sich nichts geändert. Da ist die Position ganz klar: Apartheid ist nicht reformierbar, Nicht- Anerkennung der Homelands und der Interims-Regierung in Namibia. Ich halte es für undenkbar, daß der Auftrag des Kanzlers etwas anderes umfaßte. Strauß hat sich völlig von seinem Auftrag wegbewegt, ihm ist sein Temperament durchgegangen. Insoweit ist er als Privatmann unterwegs gewesen.

Bis auf die FDP in Bonn dürfte allerdings international kaum jemand die Strauß-Auftritte als die eines Privatmanns ansehen.

Das ist genau das Mißverständnis, das jetzt ausgeräumt werden muß. Die Botschaften in Afrika und auch in anderen Hauptstädten müssen jetzt klarstellen, daß sich an der deutschen Außenpolitik nichts geändert hat. Da ist eine diplomatische Offensive erforderlich. Ich bin allerdings dafür, daß der Staatssekratär Lengl abberufen wird. Er bekleidet ein Staatsamt, und da kann er sich nicht öffentlich gegen die Regierungspolitik stellen. Bei Strauß ist es keine Frage der Regierungspolitik, sondern der Koalitionspolitik.

Wie will denn die FDP da außenpolitisch wieder in die Vorhand kommen? Ihre Fraktionskollegen Baum und Hirsch haben bereits im letzten Herbst nach ihrer Südafrika-Reise neue Initiativen der FDP angekündigt. Dann kam die Vermummung, und Südafrika war schnell vergessen.

Nein. Wir wollten zunächst die Reise des Auswärtigen Ausschusses abwarten, ehe wir zu Beschlüssen kommen.

Diese Reise ist seit der letzten Legislaturperiode im Gespräch. Die Lage in Südafrika ist bekannt. Warum braucht die FDP noch eine Ausschuß-Reise, um ihre Position zu formulieren?

Wir können uns nicht leichtfertig über Bedenken hinwegsetzen, daß Sanktionen den Schwarzen schaden würden.

Das sagt Strauß auch.

Nicht alles, was Strauß sagt, ist falsch. Wir wollen genau wissen, welche Auswirkungen Sanktionen haben werden. Dazu soll die Reise der Ausschuß-Delegation beitragen. Ich bin auf jeden Fall dafür, daß diese Reise stattfindet, gerade jetzt. Interview: Charlotte Wiedemann

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