: Nicht alle Spaghetti sind paletti
■ Teuren Hartweizennudeln wird billiger Weichweizen untergemogelt/ Betrug auch von einigen alternativen Anbietern/ Konventionelle Nudeln enthalten Rückstände von Lagerschutzmitteln
Um der italienischen Konkurrenz das Wasser abzugraben, stellen auch deutsche Nudelhersteller immer mehr Spaghettis aus Hartweizen her. Doch einige heimische Produzenten mogeln den Verbrauchern billigen Weichweizen unter, fand das 'Öko- Test‘-Magazin bei einer Untersuchung von 20 Hartweizennudeln heraus. Mit diesem Betrug riskieren die Hersteller ihre Existenz auf dem hart umkämpften Nudelmarkt. Denn Hartweizennudeln, die Weichweizen enthalten, können von der Wirtschaftskontrolle aus dem Verkehr gezogen werden.
Der Skandal um verdorbenes Flüssigei hat manchem Spaghetti- Freund den Appetit auf einheimische Teigwaren verdorben. Immer mehr Bundesbürger stehen auf original italienische Pasta. Weil die Italiener für ihren Nudelteig eine besondere Züchtung des Weizens, sogenannten Hart- oder Durumweizen verwenden, sind keine Eier mehr als Bindemittel nötig. Durch seinen hohen Klebergehalt ist der Hartweizen ein idealer Rohstoff für die Nudelherstellung. Der Kleber umhüllt die im Getreide enthaltene Stärke und verhindert so, daß die Stärke ins Kochwasser übergeht. Dadurch schmecken die Spaghettis »al dente«. Sie haben eine feste Konsistenz und laufen deshalb auch beim Kochen nicht auseinander.
In Deutschland wird dagegen traditionell Weichweizen als Rohstoff für die Nudelherstellung verwendet. Dieser Weizen wächst in unseren Gefilden gut, enthält aber nicht soviel Kleber wie Hartweizen. Durch die Zugabe von Eiern kann dieser Nachteil jedoch ausgebügelt werden. Doch das italienische Nudelrezept wird zunehmend auch von deutschen Herstellern verwendet. Im vergangenen Jahr waren 64 Prozent aller produzierten Teigwaren aus Hartweizengrieß. Für solche Nudeln schreibt die deutsche Teigwarenverordnung absolute Reinheit vor: Wer seine Nudeln als Hartweizenprodukt deklariert, muß auch ausschließlich den teuren Rohstoff verwenden. Auf EG-Ebene werden noch drei Prozent Weichweizenanteile als Verunreinigung akzeptiert.
Vor allem alternative Hersteller von Vollkornnudeln, so das Ergebnis der neuesten 'Öko-Test‘-Untersuchung, mogeln sich jedoch an den Vorschriften vorbei. Sie mischen bis zu 10 Prozent billigen Weichweizen in ihre Hartweizennudeln. Dabei sind gerade Vollkornnudeln wegen ihres höheren Ballaststoffgehaltes aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wertvoller. 'Öko-Test‘ empfiehlt Verbrauchern diese Nudeln, fordert aber die Hersteller auf, sich künftig an die Gesetze zu halten.
Viele konventionelle Spaghettis, so ein weiteres Ergebnis des Tests, enthalten Rückstände von Pestiziden. Sie stammen aus Chemikalien, mit denen das Getreide in den Lagerhallen gegen Schädlinge behandelt wurde. Außerdem werden solche Substanzen in vielen Mühlen eingesetzt, um einmal jährlich die Maschinen von Ungeziefer zu »desinfizieren«. Regine Cejka
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