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Archiv-Artikel

Nicht Spiel, sondern Sieg

betr.: „Das Trauma von Bern“, taz vom 30. 10. 03

Geschätzter Christoph Biermann, es ist wirklich wichtig, endlich zu sehen, ob 1954 nur gekämpft oder auch gespielt wurde. Hoffentlich findet man die Filmreste, sonst bleibt bloß das Sieg-Wunder und das Wortmann-Wunder, der offenbar ein erstes Opfer der Mythenmacher von Bild war, die am Tag nach Wankdorf quer über ihre Frontseite die Erschlagzeile losließen: RAHN RETTETE DEUTSCHLAND.

Da ich in Essen damals ähnlich klein und lieb war wie Sönkes Taschenträger, lernte ich, dass Deutschlands Erlöser also weder aus Braunau kam noch aus Bethlehem, sondern aus Altenessen, wo gute Freunde wohnten, direkt neben Rahn in der Hauerstraße, und war beim nächsten Besuch dort enttäuscht, da nach Deutschlands Rettung Altenessen unverändert aussah. Aber vier Jahre später in Schweden, als „wir“ den Titel verpassten, da war Rahn ungleich besser als beim simplen Doppelknall in Bern. In Schweden machte er von der rechten Eckfahne her Slalomläufe und so genannte unmögliche Tore mit linker „Klebe“, was Emmerich kopiert hat, aber kein Aas hat das bei Rahns Ableben oder bei Wortmanns Film interessiert, nicht Spiel, sondern Sieg, Herr Biermann, das isses! JÜRGEN LODEMANN, Freiburg