: Next to peanut butter
Nüsse sind nach Obst die zweithäufigsten Auslöser von Allergien. Im „Weißbuch Allergien“ (2004) wird davon ausgegangen, dass etwa jeder Fünfte heute eine Allergieerkrankung hat. Rund 20.000 allergieauslösende Stoffe sind bekannt, Lactose und Haselnüsse sind nur zwei davon. Bei Nutella weiß man allerdings, was man außer Fett und Zucker noch bekommt: Milch und Nüsse. Wer nach dem Genuss von Nutella Darmkrämpfe, Verstopfung, Niesattacken, Nebenhöhlenentzündung, Kopfschmerzen oder Atemnot verspürt, der hat vielleicht gerade seine Haselnuss-Unverträglichkeit entdeckt.
Lange wurden auf der Verpackung die Nährwerte in Relation zum Tagesbedarf eines 12-jährigen Kindes aufgeführt. Diese Angabe bezog sich auf 100 Gramm, also ein Viertel eines normalen Glases. In dieser Menge Nutella stecken rund 20 Stück Würfelzucker bzw. 680 Kalorien. Anfang 2004 regte die grüne Bundesverbraucherministerin Künast an, einen Fonds zur Bekämpfung von falscher Ernährung bei Kindern einzurichten. Jedes fünfte Kind und jeder dritte Jugendliche in Deutschland sei zu dick, so die Ministerin. An diesem Fonds sollte sich die Wirtschaft beteiligen, neben Ferrero beispielsweise auch McDonald’s. Besonders Ferrero war not amused. Frau Künast gab später zu Protokoll, sie habe diesen Vorschlag nie gemacht.
Trotzdem reagierte Ferrero auf die Dickmacher-Debatte und begann, an einer Nutella-Variante zu basteln, die mit weniger Fett und fast ohne Zucker auskommt. „Wir haben im Labor versucht, ‚Nutella light‘ zu fabrizieren. Wir schaffen es nicht, es schmeckt eklig“, berichtete kürzlich ein Ferrero-Manager. Das Unternehmen hält Schokolade light nun für Betrug am Kunden und empfiehlt einfach, kleine Portionen zu sich zu nehmen.
Im Rahmen der so genannten Glyx-Diät, die auf dem Sättigungsfaktor von Nahrungsmitteln basiert, ist es durchaus akzeptabel, Nutella zu sich zu nehmen, da Nüsse einen sehr niedrigen glykämischen Index haben, also lange sättigen. Kein Wunder, dass sich diese Diät nach Michel Montignac größter Beliebtheit erfreut. Gelegentlich wird Nutella auch als Wundermittel gegen Herpes angepriesen, ökotrophologisch ist diese Behauptung jedoch nicht haltbar. Auch dass Nutella glücklich macht, ist nicht zweifelsfrei nachweisbar.
2003 wurde Nutella wie zahlreiche andere Lebensmittel auf das neu entdeckte Acrylamid getestet, da diese toxische Substanz im Verdacht steht, Krebs erregend und Erbgut schädigend zu wirken. Wie 22 andere Nusscremes testete Öko-Test Nutella mit „sehr gut“, auch Gensoja wurde nicht nachgewiesen.
Nach dem Reaktorunfall 1986 in Tschernobyl wurde vom Verzehr nusshaltiger Produkte abgeraten, da Nüsse große Mengen Cäsium-137 binden. Dieser radioaktive Stoff zerfällt mit einer Halbwertzeit von etwa 30 Jahren. 1988 war rund die Hälfte der Nusscremes mit Werten über den Grenzen belastet, die Experten für Kinder empfehlen. Heute sieht das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) keinen Grund mehr, vom Verzehr von Nüssen und Nusscremes abzuraten.
Im Mai 2002 wurde in Frankfurt am Main die erste „nutelleria“ eröffnet. Das Fastfood-Café ist eine Art McDonald’s für Süßmäuler, die zwischen Crêpe, Muffin, Herzwaffel, Cappuccino oder Erdbeer-Ananas-Nest wählen können – selbstverständlich alles mit einem Klecks Nutella. Weitere Filialen sollen folgen.
In den USA kam Nutella nie an die ungleich populärere Erdnussbutter heran. Selbst eine Merchandising-Offensive mit T-Shirts („Ask me what’s nu …“), Tassen und Fliesen (!) sowie der Hinweis Nutella „can be found in supermarkets next to the peanut butter“ änderte das bislang nicht. JANK