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Archiv-Artikel

Neues von der Feta-Front

Die Dänen sind schwer empört nach einem Käse-Urteil des obersten EU-Gerichts

Feta ist so typisch dänisch wie Tuborg, Linie Aquavit oder Bang & Olufsen

Wo „Feta“ draufsteht, muss nach einem Urteil des obersten EU-Gerichts auch griechischer Käse drin sein. Am 25. Oktober wies der Europäische Gerichtshof in Luxemburg eine Klage Deutschlands und Dänemarks gegen den Schutz der Bezeichnung „Feta“ für aus Griechenland stammenden Käse ab. Nach Auffassung des Gerichts kann eine traditionelle Bezeichnung wie „Feta“, die nicht der Name einer Gegend, eines Ortes oder eines Landes ist, geschützt werden, wenn sie ein Agrarerzeugnis oder Lebensmittel bezeichnet, das aus begrenzten geografischen Verhältnissen einschließlich der besonderen natürlichen und menschlichen Einflüsse stammt, die dem Erzeugnis oder dem Lebensmittel seine spezifischen Merkmale verleihen können. Außerdem darf die Bezeichnung nicht zu einer Gattungsbezeichnung geworden sein. Damit bleibt die Bezeichnung „Feta“ allein aus Griechenland stammendem Käse vorbehalten.

Gegen dieses eklatante Fehlurteil laufen vor allem die Dänen Sturm. Sie wollen den Richterspruch nicht klaglos hinnehmen, schließlich wird der beliebte Weißkäse in Salzlake seit Jahrhunderten in Dänemark hergestellt. Unsere Nachbarn im Norden werden also gegen das Urteil Berufung einlegen und holen jetzt schon mal zum propagandistischen Gegenschlag aus. Wie Sprachforscher der Universität Alborg herausgefunden haben, leitet sich der Begriff „Feta“ nämlich vom mittelhochdänischen Wort „fätta“ her, das „fette Scheibe“ bedeutet und erst im 17. Jahrhundert in die griechische Sprache aufgenommen worden ist!

Doch viel wichtiger als linguistische Spitzfindigkeiten sind die althergebrachten Essensgewohnheiten der Dänen. Lange bevor Feta mit griechischem Bauernsalat assoziiert wurde, holten sich die Bewohner des sympathischen Landes zwischen Skagerrak und Kattegat mit einem dänischen Bauernfrühstück, zu dem traditionell eine schöne Scheibe vollfetten Fetas gehörte, ihren täglichen Frischekick. Mit dem puren Feta-Genuss gehen die Dänen seit Jahrhunderten jeden Tag ganz locker an.

Im Lichte dieser Erkenntnisse scheint das griechische Feta-Monopol als dreiste Okkupation eines urdänischen Lebensmittels. Die dänischen Forscher räumen zwar ein, dass auch die griechische Feta-Erzeugung relativ bedeutend ist, betonen aber, dass die Erzeugung von Feta doch auf Dänemark konzentriert geblieben ist, wo auch 85 Prozent des europäischen Feta-Verbrauchs pro Person und Jahr erfolgen.

Ortstermin in Jütland zwischen Kjellerup und Kragelund bei der Landwirtin Katrin Adamsson. Die Feta-Produzentin und begeisterte Heimatkundlerin ist empört über das Luxemburger Schandurteil und erklärt die historischen Wurzeln der beliebten dänischen Käsespezialität: „Die extensive Beweidung und die Wandertierhaltung bilden in Jütland seit alters her die Schlüsselelemente für die Haltung der Schafe und Ziegen, die das Ausgangserzeugnis für die Herstellung des dänischen Feta-Käses liefern.“ Mit großen Schritten führt sie uns zu ihrer Herde, die sich hinter dem Elektrozaun blökend um den Wassertrog schart.

„All das geht auf eine jahrhundertealte Tradition zurück, die es ermöglicht, sich den Klimaschwankungen und ihren Auswirkungen auf die vorhandene Pflanzendecke anzupassen. Dies hat dann zur Entwicklung kleiner einheimischer Schaf- und Ziegenrassen geführt, die sehr genügsam und resistent sind und im rauhen dänischen Klima überleben können. Hier steht Futter nur in begrenzten Mengen zur Verfügung, das dem Enderzeugnis aber aufgrund der besonderen, äußerst diversen dänischen Flora einen besonderen Geschmack und Geruch verleiht. Probieren Sie!“ Tatsächlich, der bröselige Käse, den sie dem Reporter reicht, schmeckt genauso lecker wie der beim Griechen ums Eck.

Für die Mehrheit der Dänen ist klar wie der Himmel über Holstebro, welches Produkt geschützt werden muss – einzig dänischer Feta. Deshalb möchten die Wikinger darauf hinwirken, dass Feta in Zukunft europaweit nur noch mit Etiketten vermarktet wird, die auf die dänischen kulturellen Traditionen und auf die dänische Zivilisation hinweisen, damit die europäischen Verbraucher Feta endlich als typisch dänische Marke wahrnehmen, genauso wie Tuborg, Linie Aquavit oder Bang & Olufsen.

In eine ganz andere Kerbe haut der Kopenhagener Soziologe Sören Brökkerup. Er hält den Käsekrieg zwischen Griechenland und Dänemark schlichtweg für überholt. „Gehen Sie einmal in den hitzedurchflirrten Gassen Silkeborgs spazieren, dann verstehen Sie, warum man Dänemark ‚Griechenland des Nordens‘ nennt. Setzen Sie sich in eine Strandtaverne und lauschen Sie Lale Andersens Welthit ‚Ich bin ein Mädchen aus Arhus‘, während der rote Ball der Sonne in der ‚dänischen Ägäis‘ versinkt. Ja, man nennt uns Dänen nicht umsonst die ‚Griechen Skandinaviens‘. Und deshalb machen beide sich so überaus ähnlichen Völker auch den gleichen Käse.“ Dieser schlüssigen Argumentation sollten sich die Luxemburger Richter dringend anschließen. RÜDIGER KIND