Flying Luttenbachers : Neues aus dem Niemandsland
Kein Geheimnis: In den Nischen tummelt sich vieles, was des Hinhörens wert ist – auch wenn es da manchmal eine gewisse Abenteuerlust erfordert, die sich hier ausnahmsweise mal ganz ohne körperliche Risiken betätigen darf. Die Veranstalter von Sissi-Kultur haben entsprechende Gelüste in der Vergangenheit mit schöner Regelmäßigkeit bedient. Nach einer Zwangspause, bedingt unter anderem durch das Gerangel über die Zukunft des Freizeitheims Friesenstraße, wartet Sissi in diesem Monat wieder mit echten Schmankerln auf.
Bereits zum zweiten Mal gastieren heute Abend die Flying Luttenbachers in der Friesenstraße. Die Band um Schlagzeuger Weasel Walter ist seit Jahren eine der aufregendsten Bands aus dem Niemandsland zwischen Rock, Jazz, Noise und freier Improvisation. Zuletzt gastierten sie als akustisches Free-Jazz-Trio mit Saxophon und Kontrabass und ließen in einem schier unfassbaren Freakout in Sachen Intensität alles hinter sich, was es weit und breit in dieser Richtung gibt.
Prägend dabei das an Heavy Metal geschulte Spiel ihres Masterminds, der stets mit schwarzen Balken unter den Augen und diabolisch zugespitzten Haarstacheln auftritt. Mit Weasel Walter als einziger personeller Konstante überstanden die Anfang der Neunziger in Chicago gegründeten Flying Luttenbachers auch den Umzug ins kalifornische Oakland unbeschadet. Nachdem Walter sich auf dem im Alleingang aufgenommenen Album „Systems Emerge From Complete Disorder“ neu in Richtung Rock orientierte, sind die Luttenbachers nun wieder eine „richtige“ Band.
Ein neues Album namens „The
Void“ zelebriert den No(w)Wave-Sound der Band nach dem etwas antiseptischen Vorgänger – den auch Wohlmeinende „schlicht unaufführbar“ genannt haben – mit beeindruckender Vehemenz. „Zwischen Strawinsky und Heavy Metal“, so haben die Kritiker es verortet. Ed Rodriguez (Gorge Trio) und Bassist Mike Green (Burmese) begleiten Weasel Walter dabei durch eine einzigartige Tour de Force durch freiesten Jazz, schwärzesten Metal und wirrsten Rock, wobei sich Elemente der verschiedenen Einflüsse schlackenlos zu einem explosiven Gemisch verbinden. Dankenswerterweise nehmen sie dabei sich und ihre Kunst nie zu ernst, sondern pflegen einen erfrischenden, etwas abseitigen Humor zwischen Black-Metal-Klischees und Musikerschrullen.
Bevor die Luttenbachers übers Publikum kommen, spielen Uri Geller aus Hamburg, die statt Gabeln Musik verbiegen. Dafür bürgen Ehemalige der Hamburger Noise-Koryphäen Stau und Hashover.
Andreas Schnell
17.3., 21 Uhr im Freizi Friese. Friesenstrasse 110-124