Neues Vergabegesetz in Berlin: Gute Arbeit mal konkret

Die Linksfraktion hat mit DGB und Rechtsexperten über das neue Vergabegesetz diskutiert. Die Umsetzung gilt als eine der großen Herausforderungen.

ReinigungsarbeiterInnen klagten zuletzt über Arbeitsbedingungen bei öffentlichen Auftraggebern Foto: ZB

Berlin soll eine Stadt der guten Arbeit sein – so steht es im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag. Dafür möchte der Senat zunächst vor der eigenen Haustür kehren: mit einem neuen Vergabegesetz, das bis Ende des Jahres beschlossen werden soll.

Die Linksfraktion hat am Donnerstag zu einem Fachgespräch über das Gesetz ins Abgeordnetenhaus geladen. „Berlin muss bewusst mit der eigenen Nachfragemacht umgehen“, sagte Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg, mit Blick auf das große Auftragsvolumen des Landes.

Im Juni hatte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop den Gesetzesentwurf vorgestellt. Für öffentliche Aufträge sollen im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen über einer Wertgrenze von 10.000 Euro und im Baugewerbe ab 50.000 Euro sozial-ökologische Kriterien bei der Vergabe gelten. Dazu soll der Vergabemindestlohn für öffentliche Aufträge von 9 Euro auf 11,90 Euro angehoben werden.

Die Mindestvergütung ist allerdings ein strittiger Punkt: Denn der Stundenlohn müsste laut Bundesarbeitsministerium eigentlich 12,63 Euro betragen, um vor Altersarmut zu schützen. Diese Zahl identifizierte auch die Linksfraktion am Donnerstag als Ziel. Der linke Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser zeigte sich optimistisch und verwies darauf, dass der Tariflohn im öffentlichen Sektor – Referenzgröße für den Vergabemindestlohn – im kommenden Jahr auf 12,43 Euro steigen werde.

Die Frage der Umsetzung

Diskutiert wurde auch über die Umsetzung des neuen Vergabegesetzes. Während bisher nur Kontrollen auf Hinweis der Vergabestellen stattfinden, sollen mit dem neuen Gesetz Stichprobenkontrollen erfolgen. Ob die Novellierung des Gesetzes Wirkung entfaltet, werde auch von der personellen Stärke und Qualifizierung derer abhängen, die in den öffentlichen Einrichtungen über die Zuschläge entscheiden, so Linke-Abgeordneter Harald Wolf.

Maßnahmen gegen Leistungsverdichtung, ein Problem, über das zuletzt Reinigungskräfte in Schulen geklagt hatten, seien in dem Gesetz nach bisherigem Stand nicht vorgesehen, so Wolf. Dies sei jedoch über Verwaltungsvorschriften möglich, sagte Alexander Fischer, Staatssekretär für Arbeit und Soziales. DGB-Vorsitzender Hoßbach plädierte dafür, dass die Sozialpartner zumutbare Leistungsstandards bestimmen sollten. In bestimmten Fällen könnte auch über die Rekommunalisierung der Reinigungsarbeiten nachgedacht werden. „Das Thema wird umso wichtiger, je höher die Löhne bei öffentlichen Aufträgen sind“, sagte Wolf.

Das neue Vergabegesetz wird aktuell unter den Senatsverwaltungen abgestimmt, bevor in die Phase der parlamentarischen Debatte übergegangen wird.

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